Sonntag, 13. Dezember 2009

Kino ist das Diskreteste

Seit meiner letzten DVD-Bestellung empfiehlt mir der Online-Händler meines Vertrauens hartnäckig alles zum Thema "Ballett" und "Homoerotik". Die Bestellung war natürlich nicht für mich, ähem.

Mit einem SPIO-Ticket passiert einem sowas nicht.

Lieber Weihnachtsmann

Gerade erreicht mich per Weiterleitung eine Stellenausschreibung, in der ein Kino ein (zwingend) studiertes und allumfassend fähiges Multitalent sucht: Buchhaltung, Programmgestaltung, Korrektur lesen, Layouten, Kenntnisse im Weltkino etc. Von Putzen und Vorführen steht da nix, aber ich hab' so einen Verdacht.

Dafür wird ein (Fix-)Preis geboten, nach dem sich einige der nicht wenigen prekariatsgeschädigten Geisteswissenschaftler da draußen vermutlich die Finger schlecken, der aber gemessen an dem, was selbst im öffentlichen Dienst für eine vergleichbare Tätigkeit bezahlt wird, an die untere Grenze des guten Geschmacks tendiert.

...was steht da noch? Bewerbungsschluss ist der 23.12. Ach so. Dann kann man's natürlich mal versuchen.

Digischwallisierung

Die Digitalisierungsdiskussion wird immer lächerlicher. Mittlerweile scheint der Punkt erreicht, da man sich fragt: wenn es doch fast keiner haben oder zahlen will oder kann - warum legen wir die Diskussion nicht ad acta?

Schon klar, die Verleiher würden eine Menge Geld sparen. Aber wenn kaum Kinos die Wiedergabegeräte haben, gibt es auch keine Abspielbasis. Da wird es dann mit dem Geld verdienen auch schwierig.

Schon klar, die Kopienzahl wäre praktisch unbegrenzt zu steigern und jedes Kino könnte jeden Film zum Start spielen. Theoretisch. Denn natürlich wird es immer ein Erstaufführersegment im Markt geben, und wenn man es über höhere Filmmieten erzeugt.

Also bleibt am Ende alles beim Alten, wenn die, die vom System profitieren, und die, die zwangsweise mitmachen müssen, sich nicht irgendwann mal einig werden. Im Moment sieht es so aus, als würde sich erstmal ein kleiner digitaler Parallelmarkt bilden, hauptsächlich für 3D, weil es da keine Wahl gibt. Eine flächendeckende Umstellung ist erst dann zu erwarten, wenn es auch im übrigen Markt keine Wahlmöglichkeit mehr gibt. Danach sieht es erstmal nicht aus. Wenn es denn dann doch geschieht, muss man allerdings eine "Marktbereinigung" befürchten, die in diesem Ausmaß sicher auch keiner will (siehe Abspielbasis).

Leider dürfen sich Kinobetreiber und Vorführer inzwischen nicht auf "frustfreier Wiedergabe" (zum Stichwort frustfrei recherchiere man bitte unter "amazon Frustfreie Verpackung" zu Anachronismen im Dienste der Usability) im guten, alten 35mm ausruhen. Mike Wiedemann, Festivalchef des Kinofests Lünen, hat sich bei der Preisgala beklagt, dass die gespielten Filme in 18 verschiedenen Datenträger-, Digital- und Tonstandards vorlagen (filmecho-Bericht). Er wünscht sich deshalb die "NST", die Neue Schöne Technik (SNT, Schöne Neue Technik?).

Ist das der perfide Weg der Digitalindustrie, den Kinomachern die hohen Investitionen doch noch schmackhaft zu machen? Das Heilsversprechen einer lebenserleichternden Technik?

Da soll sie mal aufpassen, dass die Filmtheater nicht unter dem Label "35mm. It works!" auf die Manufactum-Schiene umschwenken. Die alten Bauers und Ernemanns machen das mit.