Donnerstag, 28. August 2008

Stay West, Young Man

Ich habe mir für die Filmkunstmesse extra Urlaub genommen. Und dann das: Seminarthemen wie "Filmflut aus Sicht von Verleih, Kino und Förderung" (gähn, ganz was Neues), Diskussionen wie "Wollen und können wir uns gegenüber dem Home Entertainment abgrenzen?" (vielleicht beantworten wir die Frage mit ja und denken wir lieber über das wie nach??). Highlights wie Vicky Christina Barcelona, urspünglich als einer der Eröffnungsfilme vorgesehen, sind plötzlich aus dem Programm verschwunden. Und zu den angekündigten Filmen gibt es keine Kurzbeschreibung (wir kennen ja ohnehin alle von den Festivals, oder wie?).

Klar wäre es schön, mal wieder die Programmkinomacher zu sehen, bei ein paar netten Empfängen zu plaudern und zu hören, wie die Befindlichkeiten so sind. Aber für eine Fahrt quer durch die Republik mit Reise- und Übernachtungskosten und Nächte um die Ohren schlagen sollte schon etwas Zukunftsweisenderes auf dem Programm stehen als eine einwöchige Tradeshow mit abgekauten Themen.

Zur Ehrenrettung: ein echtes Highlight ist doch angekündigt.

"Ausstellungsprojekt DIE WEISSE WAND

Im vergangenen Wintersemester erhielten Studierende des Haupt- und Masterstudiums der Bauhaus Universität Weimar die Aufgabe, an einem fiktiven Standort in Berlin-Mitte ein Lichtspieltheater zu entwerfen. Neben der Erfüllung eines groben Nutzungs- und Funktionskonzeptes waren die Studierenden aufgefordert, eigene Wege und Modelle zukünftiger Nutzungs- und Erlebniswelten zu formulieren. So entstanden Anregungen für neue Vorführkonzepte vom Kleinstkino für Kleingruppen bis zum professionellen Public Viewing Space, Vorschläge für neue Werbe- und Informationsstrategien und unterschiediche Ideen für ergänzende Nutzungsmöglichkeiten der Kinobauten. Die Filmkunstmesse Leipzig präsentiert die besten Entwürfe vom 8.9. bis 12.9.2008. Akkreditierte Fachbesucher erhalten den Ausstellungskatalog mit den acht besten Entwürfen."

Also falls ich mich morgen kurzschlussmäßig doch zur Akkreditierung entscheide, dann deswegen.

Burkina Faso, ein Sommermärchen

Ach, was habe ich mich auf "Ouaga Saga" gefreut. Da hieß es in der Vorankündigung:
"Dann ist es eine Hommage ans Kino in Ouagadougou und in Afrika überhaupt, denn alles dreht sich in OUAGA SAGA immer wieder um den Film und den Ort, an dem die Menschen Filme anschauen und genießen."
Und dass es um junge Leute gehe, die von einem Multiplex träumten etc. pp. Und dann hatte ich das unfassbare Glück, dass der Film viele Wochen nach Bundesstart noch für ein paar Tage nach Bonn kam (Danke Brotfabrik!). Das war mir sogar den Luxus einer Spätvorstellung inklusive grätig dreinblickendem Spiegelbild am nächsten Morgen um sechs wert.

Manchmal wäre es aber klug, einen Film zu sichten, bevor man die Verleiherinfo abschreibt. Tatsächlich gibt es nur eine Szene, die im Kino spielt. Immerhin eine sehr schöne, sie zeigt, wie sich der Film und die Emotionen auf den Gesichtern des Publikums widerspiegelt. Und der Traum vom Multiplex beschränkt sich auf eine Denkblase einer einzigen Person gegen Ende des Films.

Eigentlich geht es um Geld und Träume, und alles wendet sich auf immer so unwahrscheinliche Weise zum Guten, dass wir die Aussage, dass es sich um eine Hommage ans Kino handelt, mal gerade noch gelten lassen.

Adrenalin pur

Wenn es dem Esel zu wohl wird, fährt er Achterbahn. Wir haben uns neulich mal das nahegelegene Phantasialand angesehen, weil uns nach Abenteuer und Exotik zumute war und das Wetter zu schön fürs Kino war (sorry). Nachdem wir festgestellt hatten, dass wir uns dem Erlebnis der heutigen Durchschnittsachterbahn nicht gewachsen fühlen, versuchten wir es mit besser domestiziertem Nervenkitzel.

Also doch Kino. Zunächst ein 4D-Kino, also 3D plus x, wobei wir uns nach der druchlitteenen Höllentour im Colorado Adventure schwer fragten, was plus x wohl sein könnte. Stromstöße? Schleudersitze? Feuerstürme?

Unsere Vermutung war so eine Art MAD-Kino mit Wackelsitzen. Beim Betreten des (augenscheinlich konventionellen) Kinosaals entfuhr meiner besseren Hälfte dann der Satz "Ooch, das ist ja ein ganz normals Kino, das ist ja gar nicht aufregend!" (für diesen Satz wird sie wahrscheinlich als Raubkopien-auf-dem-Laptop-Gucker wiedergeboren).

Nun, tatsächlich war es ein Spürchen mehr Action: drei Spritzer Wasser, ein laues Lüftchen um die Knöchel und ein sanftes Surren unter dem Hintern. Da geht noch was.

Also haben wir uns mal den "IMAX-Ride" Race for Atlantis angesehen. Ganz goldig, einer der bekannten vor-zurück-hoch-runter-Kippsimulatoren, kombiniert mit einer IMAX-Dome-Leinwand und einem reichlich angestaubten CGI-Film. Maximaler Adrenalinschub kam höchstens beim instantanen Zuschnappen der Sicherheitsbügel auf, die einem den Hosentascheninhalt mit Wucht in den Oberschenkel oder empfindlichere Stellen pressten oder den Versuch unternahmen, das Handgelenk zu brechen. Was Menschen mit einem Körpergewicht von mehr als 60 Kilo und entsprechender Leibesfülle wohl widerfahren mag? Immerhin wissen wir jetzt, warum keine Schwangeren eingelassen wurden.

Und die Moral von der Geschicht'? (Nur) Kino ist das Grösste.

Montag, 18. August 2008

CoD Red

Donnerlüttchen, von wegen Dritte-Welt-Kino: In Brasilien ist das erste Cinema-on-Demand-Projekt der Welt gestartet. 250 Titel stehen zur Auswahl, auf der Seite www.moviemobz.com kann man seinen Favoriten wählen und sein favorisiertes Kino dafür vorschlagen. Wie sich genug Zuschauer für eine Vorstellung zusammenfinden (und wo die kritische Masse für Spielen-oder-nicht-Spielen liegt), erfährt man im filmecho leider nicht genau, aber irgendwer wird sich da schon was Schlaues ausgedacht haben. Die Technik ist übrigens nicht DCI-konform, weil HD günstiger ist.

Eine Gruppe von entsprechender Größe vorausgesetzt, lässt sich sogar die Sprachversion/Untertitelung beeinflussen. Da schaug her. Das schönste überhaupt ist, dass es sich bei den 250 Titeln durchgängig um Arthouse und Repertoire handelt, denn von den 90 Mio. in Brasilien verkauften Kinokarten entfallen zwei Drittel auf diesen Markt. Da kann man nur sagen:
Bildquelle: welt.de

Dienstag, 5. August 2008

Kung Fu Sex

Ein hübsches Bild hat filmecho da neulich veröffentlicht. Versehen oder Kinomacher mit Humor?

Der Mann in der Wanne ...reitet für Deutschland!

Wir stellen die Vertrauensfrage

Haben wir es überlesen oder stand da wirklich kein Wort im filmecho über die Geschäftspraxis im Babylon Mitte? Müsste ein Verband nicht auch selbstkritisch über schwarze Schafe in der Branche berichten? Mag sein, dass der HDF sich für ein Programmkino wie das Babylon nicht zuständig fühlt, aber wäre es nicht mal wert zu thematisieren, dass das "Premium-Medium" zu weiten Teilen von der Selbstausbeutung einiger Enthusiasten und der Niedriglohn-Arbeit ungelernter Kräfte lebt?

Wie jetzt?!

Was wird nun aus dem Grindel? Am 3. August verstrich die Deadline zur Rettung, aber keine Nachrichten über den Ausgang auf grindelkino.com. Links fanden wir auch nicht auf der filmecho-Homepage, nur Pro Grindel e.V. lässt uns nicht im Dunkeln tappen. Die Meldungen von Hamburg 1, Hamburger Abendblatt und Morgenpost, wenn auch etwas unsicher in der Deutung, legen ziemlich nahe, dass mal wieder ein Kino abgerissen wird.

Und man fragt sich: war der Rettungsversuch nur ein Werbegag oder kann man wirklich so irre optimistisch sein, einen zweistelligen Millionenbetrag zur Rettung eines Kinos aufbringen zu wollen? Und 550.000 Zuschauer pro Jahr zu erwarten?

Wenn man es auch irgendwie geahnt hat - der Fehlbetrag war schon frappierend hoch - es ist halt doch wieder eine Schlacht geschlagen und verloren. Es ist einfach zu wenig lichtscheues Gesindel da draußen, das sich vor flackernde Leinwände setzen mag.