Sonntag, 30. September 2007

Auf dem Jakobsweg

Ich war gestern abend im Kino. Für jemanden, der üblicherweise einmal die Woche geht, nicht gerade eine Sensation – diesmal schon. Immerhin habe ich seit Wochen nicht die Zeit dafür gehabt, und dann war es auch noch ein neues Kino: das Rex in Bonn. Gesehen habe ich Saint Jacques – Pilgern auf französisch, und das passte ganz gut, allein schon, weil der Film beim SchwarzWeiss-Verleih hier aus Bonn ist. Lieber hätte ich Leroy gesehen, aber der lief nur in einem Multiplex in Bad Godesberg, und da hatte ich für den ersten Kinobesuch in Bonn dann keine Lust drauf. War aber gut so. Nur OmU wär noch schöner gewesen.

Mein Jakobsweg begann etwa dreihundert Meter vor dem Rex. Weil ich auf einem Berg (präzise: Hügel, nennt sich aber Berg, den Namen des Bergs wiederum nenne ich nicht, würden Sie eh nicht glauben) wohne, auf den zu später Stunde nur noch sporadisch Busse aus einer Gegend fahren, die die Bonner euphemistisch als Innenstadt bezeichnen (pardon, aber so muss es einem vorkommen, der sich die letzten Jahre vorrangig per U-Bahn fortbewegt hat), entschied ich mich für die einzige Alternative: das Auto. Leider erwies sich die Parkplatzinfrastruktur ähnlich schwachbrüstig wie die Regelmäßigkeit der Buslinie. Eine geschlagene halbe Stunde bin ich da rumgegurkt! bis ich einen Parkplatz fand, etwa 700 Meter entfernt, da war es etwa neun Minuten vor Filmbeginn. Der Weg ließ mir zumindest genug Zeit zu überlegen, wie vorzugehen sei, wenn ich den Filmbeginn verpassen würde. Zu spät in den Saal schleichen und den erstbesten Platz am Rand nehmen? Nah.

Und dann das Unfassbare: Ich komme am Rex an, und alles ist voller Menschen. Die standen von der Kasse bis auf die Straße, Kopf an Kopf! Hundert Leute oder so, und die wollten alle ins Kino. Und hinter mir kamen immer noch mehr. Alte, junge, Spießer, Hippies – ich war so perplex, dass ich nicht mal dran dachte, ein Foto zu machen. Da hab ich dann wieder schwer überlegt. Mit der vorletzten Karte in den Saal schieben und den letztbesten Platz am Rand nehmen? Ausnahmsweise.

Und es wurde immer besser. Samstag abend für fünf Euro ins Kino (mit Gildepass, logo), wo gibt’s das noch? Der Rang war zwar voll, aber das festigte immerhin die wenig bahnbrechende Erkenntnis, dass es hinten-oben-Sitzer überall gibt. Das Kino war zu etwa 80% gefüllt (4. Woche!), aber im Parkett, fünfte Reihe Mitte, gab’s noch einen sehr schönen Platz mit angenehmem Winkel zum Aufblicken. Perfekt.

Liebe Leute vom Rex, ihr braucht dringend neue Fotos für eure Homepage. Ich hatte mit so etwa 80-100 Plätzen gerechnet. Weit gefehlt, das Kino ist richtig groß, und schön alt. Ich war so mit umgucken beschäftigt, dass ich den Trailer der Bürgerinitiative fürs Metropol nur am Rande mitgekriegt hab. Kam aber gut an. Im Gegensatz zum Trailer für einen dieser neuen deutschen Problemfilme, die so grau und kalt sind. „November ist nahe“, tönte es da aus dem Publikum, und in nullkommanix war Riesenstimmung, weil keiner Lust hatte, sich von der Berliner Schule den Samstagabend verderben zu lassen.

Das ging dann so weiter, dreimal Szenenapplaus hab ich gezählt, und das Lachen war nicht verhalten. Die waren sogar so amüsierwütig, dass sie sogar da lachten, wo dann eigentlich auch wieder gut war. Aber war ja schließlich auch ein Film, nicht das echte Leben. Bloß Ketchup, hätten meine Eltern früher gesagt. Jedenfalls war’s so, wie Kino sein muss, und das war toll nach der langen Zeit ohne.

Hinterher haben sich dann die Leute zerstreut, ein paar ins Irish Pub nebenan (Notiz für mich: nächstes Mal Bus fahren), ein paar blieben zum Rauchen noch stehen, ein paar drückten sich an der Bushaltestelle zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl wirkte noch ein bisschen nach, irgendwer spannte einen Schirm auf, die übrigen taten es nach... eigentlich regnete es gar nicht richtig.

Meine Meinung von Bonn ist nicht die höchste – wenn auch noch nicht gefestigt –, aber vom Bonner Kinopublikum bin ich bis jetzt schon mal schwer begeistert. Mit denen macht das richtig Spaß.

Freitag, 28. September 2007

Aus für "Kinomacher"

Wir haben die traurige Nachricht für Sie, dass unser geplantes Buch "Kinomacher" über ungewöhnliche deutsche Kinos und die Menschen, die sie betreiben, vorerst wohl nicht erscheinen wird. Alle, denen wir davon erzählt haben, waren begeistert von der Idee und waren wie wir überzeugt von der Idee dahinter. Obwohl wir den nach unserer und vieler anderer Ansicht besten Film-Fachbuchverlag Deutschlands für das Vorhaben gewinnen konnten und uns alle großen Kinoverbände mit ihren Empfehlungen unterstützt haben, war es in monatelangen Bemühungen nicht möglich, Filmförderungen, Kulturstiftungen oder Sponsoren für das Projekt zu gewinnen. Zu kommerziell oder "wirft nichts ab", zu wenig regional oder nicht internationale, zu sehr Kino oder zu sehr Print und grundsätzlich keine Druckkostenzuschüsse - wir haben alles gehört. Als letzte Hoffnung bleibt die DEFA-Stiftung, von der wir noch nichts gehört haben. Deren Autoren-Stipendium würde uns zumindest ermöglichen, das Manuskript bis zur Druckreife zu bringen. Daumen drücken!

Mittwoch, 26. September 2007

Nur Kinderkino

Was tut man nicht alles um der Liebe willen... Aber bevor Sie jetzt glauben, ich sei als willenloses Weibchen mit zur IAA geschleift worden, muß ich dem schnell widersprechen: Ich bin aus freien Stücken mitgegangen, weil sich über Autos ja doch so einiges interessante erzählen läßt. Und weil in der Tuning-Halle ein Mondeo stand, der dem aus Casino Royale überraschend ähnelte. Einen Nachmittag hatte ich mir vom Kinderkinotext freigenommen, über dem ich tagtäglich sitze, um einmal etwas anderes zu sehen - nur, um plötzlich auf ein Hinweisschild zu stoßen: Kinderkino! Mitten auf der IAA. War ja klar, daß wir uns das sofort ansehen mußten. Einige Rolltreppen weiter oben, in einem stillen Gang begann es dann: Standies. Jede Menge. Alle Animationsfilme, die in den nächsten Wochen und Monaten auf den Markt kommen. Ein roter Teppich, ein grauer Teppich.... ein grauer Teppich mit aufgesprühtem Logo: Sieh' da. Ein bekanntes Frankfurter Multiplex war offenbar als Kooperationspartner für die Messe gewonnen worden. Angekündigt war natürlich auch Cars, doch als wir an der freundlichen Dame, die den Empfang bewachte, vorbeiwaren, lief Bibi Blocksberg. Eine einsame Mutter mit Kind saß in dem kleinen Raum, und ein ebenso einsamer Beamer warf ein vollkommen verzerrtes Filmbild auf eine Leinwand, die eigentlich sogar hätte abgekascht werden können. Wenn man die vorhandenen Möglichkeiten hätte nutzen wollen.

Montag, 24. September 2007

Heimkino mal anders

Da entdecke ich gerade eben zufällig, dass der letzte Artikel unserer epd-Serie auch online erschienen ist - ohne mich jetzt lange zu fragen, ob sowas zufällig passieren sollte, lasse ich einfach mal den Link rüberwachsen (klickense hier), das ganze findet sich im Angebot von kultur-hessen.de.

Ans Herz legen möchten wir Ihnen den Artikel deswegen, weil das "Mal Seh'n" in Frankfurt kinomäßig sozusagen unsere Homezone ist. Hier habe ich meine Programmkinosozialisation erfahren und durchlitten, in der Reihe "Subversives Kino" mit den Experimentalfilm-Klassikern von den 40ern bis heute. Otto Mühl und so durften da nicht fehlen. Dass es trotzdem Liebe wurde zum Kino im allgemeinen und zu diesem Kino im besonderen, kann ich mir bis heute nicht erklären, aber es hat funktioniert.

Ich grüße von dieser Stelle aus die Kinomacher daheim, bei denen jetzt gerade Hippie Masala - Für immer in Indien durch die Bauer rattert. Gut, dass wir nicht im Fernsehen sind, sonst würde ich jetzt wahrscheinlich wie der Durchschnittsidiot in die Kamera winken.

In Bonn habe ich noch immer keine Kinoheimat gefunden - schlicht aus Mangel an Gelegenheiten. Neulich bin ich immerhin schon mal außen am Rex vorbeigekommen, und das sah sehr vielversprechend aus. Man muss sich den Dingen langsam schrittweise nähern. So wie dem Experimentalfilm...

Sonntag, 23. September 2007

Ein Traum wird wahr

Seit Jahren jage ich dem ultimativen Kinoerlebnis hinterher. Das ist: Jacques Tatis Playtime in der restaurierten 70mm-Kopie. Gelegenheiten, diese Kopie zu sehen, gab es schon genug, aber bisher hat es nicht geklappt: als ich vor ein paar Jahren auf einer Cabrio-Tour zufällig durch Cannes kam, als dort während der Filmfestspiele die große Tati-Retrospektive stattfand, hatte ich mit Film noch nicht viel am Hut. Als ich während der Tati-Ausstellung im Münchner Architekturmuseum ein Zeitlang in der Stadt war, habe ich zu spät davon erfahren. Auch als der Film Open Air auf dem jährlichen Stummfilmfest in Bologna lief, war ich nicht da. Wien war mir zu weit, als Playtime dort vor ein paar Monaten lief. Und so weiter. Immerhin habe ich schon mal eine gute 35er Kopie gesehen, im Münchner Werkstattkino, spät nachts auf der Rückreise von der italienischen Riviera.

Tati ist mir einen Exkurs aus der Welt der Filmtheater, die mich sonst gewöhnlich noch mehr fesselt als die des Films. Zwar bin ich gewissemaßen mit ihm aufgewachsen, wenn mein Vater Die Ferien des Monsieur Hulot alle Jahre mal wieder sonntagnachmittags im Fernsehen sah (so wie man eben auch die Feuerzangenbowle schaut oder Manche mögen's heiß), entdeckt habe ich Tati aber ausgerechnet an Weihnachten im Fernsehen (!), kurz nachdem ich das Studium begonnen hatte. Da zeigte arte die große Retrospektive. Schützenfest, den ich auch noch irgendwie aus meiner Kindheit kannte, war dank moderner Technik und der Vernachlässigung aller restaurationsethischen Aspekte plötzlich bunt, ich sah zum ersten Mal Mein Onkel und die Dokumentation Das demokratische Lachen. Ohnehin schon restlos begeistert von dem, was ich da entdeckt hatte, erfuhr ich da von Tatis Opus Magnum, das sich in fitzcarraldohaften Dimensionen abspielt. Und nach der Ausstrahlung von Playtime (früher auch mal bekannt als Tatis Herrliche Zeiten) war klar: es kann nur einen geben. Obwohl ich sonst kein Freund von absoluten Bestenlisten bin - was mich angeht, ist Playtime der unumstößlich beste Film aller Zeiten. Vielleicht gefolgt von Fitzcarraldo. Der Rest kennt keine Prioritäten.

Von da an habe ich mich in das Werk Tatis vertieft, wie es mir sonst sicherlich mit keinem anderen Regisseur in den Sinn käme - ich pflege da üblicherweise keine Fetische. Habe die wenigen Bücher gelesen, die verfügbar sind (am informativsten ist wohl das von Brent Maddock, am schönsten sicher das von Michel Chion, das dankenswerterweise auch in einer englischen Übersetzung erhältlich ist), lange auf eine vollständige DVD-Edition gewartet (in der dann doch Trafic fehlte, Parade auch, ebenso wie die s/w-Version von Schützenfest und die Oscar-Fassung von Mein Onkel. Letztere ist in der Mein Onkel-Box enthalten, Parade und Trafic sind separat erhältlich) und mich sogar durch die alten Interviews in den Cahiers genagt (wehe dem, der sein Französisch vernachlässigt hat). Über Tati habe ich dann auch den unvergleichlichen Buster Keaton kennengelernt, in derer beider Komik doch so etwas wie eine Seelenverwandschaft liegt. Aufgegriffen hat das Elia Suleiman in Göttliche Intervention - einer der ganz wenigen Filme, der an Tatis Stil anknüpft.

Allein was fehlte, waren die Filme im Kino. Von Trafic habe ich eine sehr rotstichige Kopie gesehen, sonst keinen außer Playtime in 35mm.

Jetzt aber! ist es soweit: am 7. Oktober in der Schauburg in Karlsruhe, einem alten Cinerama-Kino mit gekrümmter Leinwand (und der Saal ist sowas von rot...). Dazu gibt's auch noch eine Einführung vom Restaurator. Ganz klar: Das wird ein transzendentales Erlebnis. Da stellen sich Fragen wie: ist Kinogehen nach diesem epochalen Ereignis überhaupt noch möglich? Gibt es ein Kinoleben nach Playtime in 70mm?

Es juckt mich schwer in den Fingern, die Bücher und DVDs rauszukramen und mich und Sie im Detail auf das bevorstehende Großereignis einzustimmen - wäre der Großteil meiner Filmleidenschaft nicht gerade in Umzugskartons verpackt. Das wird also noch warten müssen. Zuerst sehen wir uns - am 7.10. in der Schauburg. Bis dahin empfehle ich wärmstens www.tativille.com, was dann gleich auch noch die am schönsten gestaltete Website wäre, die mir bekannt ist.

Freitag, 21. September 2007

www.kinolabor.de

Für diejenigen unter Ihnen, denen unsere Web-Adresse zu sperrig ist, gibt es jetzt eine Alternative: Ab sofort erreichen Sie uns auch unter www.kinolabor.de!

Von oben nach unten

Von Sonntag, den 23.09., bis Sonntag, den 30.09.2007 ist endlich wieder Kinderzeit: In Frankfurt am Main findet das diesjährige Kinderfilmfestival LUCAS statt. LUCAS ist weithin bekannt und gewürdigt, als großes und, vor allen Dingen im Kinderfilmbereich exklusiv, als A-Festival hat es seinen herausragenden Status mit Kinderfilmen aus aller Welt verdient. Was ebenfalls nicht selbstverständlich ist: Bei LUCAS ist die Jury paritätisch aus Kindern und Erwachsenen besetzt, auch auf der Homepage werden beide gleichberechtigt vorgestellt. Daher verwundert es immer wieder, das jährlich neugestaltete Plakat zu sehen: Mit Ausnahme des Jahres 2004, als der schwedische Film Misa mi und die nordwesteuropäische Koproduktion Weiter als der Mond gewannen, ist auf den Plakate immer nur ein Kind, von dem die strahlend blauen Augen von unten herauf leuchten, mit dem Blick eines Erwachsenen zu sehen.

Vielleicht ist den Marketingfachleuten nicht bewußt, daß es ein langer Weg war, bis Kinder eine Art von Gleichberechtigung auch in der Kunst erfuhren: Angefangen von Rousseau, der das Kind märchenhaft idealisierte, über den Märchendichter Andersen, der ihm erstmals eine kluge Stimme gab. Hier wurde die Umwelt des Kindes von diesem selbst in Worte gefaßt, und nicht mehr nur das Kind durch den Erwachsenen gespiegelt. Später dann waren es Paula und Richard Dehmel, die dem Kind sogar erlaubten, nicht mehr adrett und anständig zu sein, die durch ihre Kinderpoesie das wahre Paradies aufzeigten. Und so weiter und so fort: Seit also Kinder so von oben herab betrachtet wurden, wie es auf dem LUCAS-Plakat der Fall ist, ist schon einige Zeit vergangen. Schade, daß ein Festival, bei dem Kinder und ihre Meinungen sonst so ernst genommen werden, so mißverständlich an die Öffentlichkeit tritt.

Samstag, 15. September 2007

In Farbe!

Neulich saßen wir mit einem Freund zusammen, wir sprachen - Sie erraten's - über Filmtheater, und er beschrieb eins, in dem er kürzlich gewesen war, mit den schwärmerischen Worten: "Ich gehe in den Saal und sehe: rot! Kino-rot!"
Ja, das Rot hat sich schon als eine DER Farben für die Kinosaal-Ausstattung schlechthin etabliert. Kein Wunder, als Farbe des Lebens und der Sünde. Kaum ein Saal kommt ohne rote Sessel oder roten Vorhang aus, als Alternative gibt es fast nur dunkelblau und natürlich das zweckmäßige Schwarz, das jegliches Restlicht im Saal schluckt und die Farben des Films dafür umso mehr strahlen lässt - unerreicht in Kubelkas "Invisible Cinema". Und sonst? Ich kenne tatsächlich ein Frankfurter Multiplex, das mindestens einen grünen Saal besitzt. Ich erinnere mich nicht, öfter als einmal drin gewesen zu sein, weiß aber noch, dass mich der Anblick irritierte. Die Endstation in Bochum hat ihren schwarzen Saal mit orangen Sesseln aufgepeppt - auch etwas, das in Erinnerung bleibt, und das Deutsche Filmmuseum hat bei den Polstern zu einem dezenten Grauviolett gegriffen. Jeder Klecks außerhalb der Skala der Rot-, Blau- und Grauschattierungen wird gleich zum Hingucker. Welchen Eindruck müssten Kinos wie dieses heute auf uns machen:
"Das ohne Prunkaufwand errichtete Theater liegt im dichtest besidelten Norden Berlins und hat 2000 Sitzplätze. Die die Bühne flankierenden Fontainen mit von innen frabig beleuchtetem fließenden Wasser bilden die einzige Konzession an das Sensationsbedürfnis des Publikums. [...]" (über den Berliner Mercedes-Palast, aus: Fritz Wilms, Lichtspieltheaterbauten, 1928)
Ohne Prunkaufwand? Naja.
"Im Theaterraum, der 1200 Plätze im Parkett und 500 Plätze auf dem Rang enthält, sind die Wände und Decken in zartem, lichtem Elfenbeinton gehalten mit Ausnahme des gewölbten Deckenrundes, das mit Rücksicht auf die indirekte Beleuchtung weiß geblieben ist. Alle architektonischen Verzierungen [...] sind in Silber gehalten. Die einzig farbige Note bildet das Lichtblau der Dekorationen an Fenstern und Türen, des Vorhangs und der Bezüge des Gestühls. Der Zuschauerraum hat eine vornehme Behaglichkeit, umso mehr, da er durch farbige Beleuchtung in weißes, blaues, rotes oder violettes Licht nach und nach heller oder dunkler eingestellt, getaucht werden kann." (über das Ufa-Theater in Berlin-Moabit, selbe Quelle)
Die Farben sind zwar noch die gewohnten - rot, blau, immerhin schon violett - aber hier ist es schon das Licht selbst, das den Raum in Farbe taucht. Und wie mag wohl ein lichtblauer Vorhang aussehen? Aber jetzt, vor die Tür:
"Parkett- und Rangfoyer mit Garderobenanlagen sind geräumig und mit zarten Farben behandelt worden. Im Parkettfoyer sind die Wände hell mattgelb, die Decke weiß [...], während die Vorhänge der Garderobe aus hell mattgrünem Sammet bestehen. Im Rangfoyer sind die Wände erdbeerrosa mit sanft beschwingten, zarten Wandmalereien und die Decke in einem lichten Mattgrün ausgeführt worden. Die Türeinfassungen, die Umrahmung der Garderobe und die ornamentalen Bildhauerarbeiten sind in Silber gehalten, während die Vorhänge der Fenster und der Garderobe aus hellgrünem Sammet bestehen." (wieder über das Ufa-Theater, selbe Quelle)
Pastellinferno oder Augenschmeichler - wer kann es heute noch ahnen. Die Nuancen von grün und rosa nehmen jedenfalls auch im angrenzenden Café kein Ende:
"Die Wände sind matt meergrün und zeigen zarte Malereien von Jagd- und Schäferszenen. Alle Nischen, wie das Orchester, die Foyers und die Garderoben sind fraisefarbig abgesetzt. Die ornamentalen, architektonischen Verzierungen und Bildhauerarbeiten sind in Silber gehalten. Die Decke ist mattblau und zeigt in der Mitte ein Rundfeld, von dem aus sich sternförmig ornamentales Blattwerk über die Decke erstreckt, das in silbernen Strahlen ausläuft." (über das angrenzende Café Vaterland "Turmstraße", selbe Quelle)
Die Beschreibung auch anderer Kinos geht immer so weiter, doch dort dominieren die Rottöne: pompejanischrot, bischofsrot, scharlachrot, weinrot... abgesetzt mit Gold, Silber, Hellviolett, Bräunlich-Gelb, Schwarz und Azurblau. Gibt es heute nicht mehr? Ha!
"Bei der Farbgebung des neuen Plafonds entschieden wir uns - wie immer - für eine sehr eigenwillige, aber genau durchdachte und historisch motivierte Version. Kennen Sie die Farbenlehre von Hermann von Helmholtz? Der geniale Wissenschaftler legte in den 60er Jahren des 19. Jahrhundert seine bahnbrechendes "Handbuch der physiologischen Optik" vor, das bis ins 20. Jahrhundert international als Standardwerk galt und das, wie wir feststellten, offenbar auch den Baumeistern des Lindenfels als Grundlage für ihre Farbauswahl diente. Helmholtz beschreibt darin die drei "reinen Farben", die er als Grundfarben des Farbspektrums definierte. In unserem Saal fanden wir an der historischen Decke Reste eines uns zunächst verstörenden Blauvioletts, das neben Rot und Grün früher offenbar die Farbgebung des Raumes wesentlich bestimmte. Genau diese drei Farben sind die Grundfarben nach Helmholtz.
Neben der günstigen Wirkung einer dunklen Deckenfläche für Theater und Kino stellt sich nun durch die blauviolette Farbgebung noch ein ganz besonderer Effekt ein. Die Wirkung der Decke verändert sich je nach Beleuchtung ganz erheblich. So können sehr unterschiedliche Raumatmosphären erzeugt werden. Schauen sie selbst."
So schrieben die Betreiber des Kinos in der Schaubühne Lindenfels or einiger Zeit über die Renovierung des Kinosaals (Text ist nicht mehr online). Der Rotton des Kinovorhangs in diesem Saal ist von einer Dunkelheit und Tiefe, wie man sie sich nicht vorstellen kann. Das Geheimnis dahinter: Der Vorhang ist in Wahrheit schwarz. Nur das Licht der Scheinwerfer, die ihn von unten beleuchten, ist rot. Und eine Etage höher wartet der "Grüne Salon" auf die, die Farbe bekennen.

Sie haben die Wahl

So, da ist sie also ohne uns zu Ende gegangen, die diesjährige Filmkunstmesse. Aber wir hatten ja keine Wahl. Sie haben schon eine: Kinolabor wurde vorgeschlagen für die Wahl zum Blog des Jahres. Wir sind - Hand aufs Herz - völlig unbeteiligt daran, aber ein gewisser Ehrgeiz stellt sich da schon ein. Also klicken Sie doch auch mal, und zwar hier.

Dienstag, 11. September 2007

Bionade für die Welt und Paula gegen alle

Heute morgen beschäftigt sich das Feuilleton der FAZ mit einem modernen Märchen: Dem mittlerweile berühmten Erfrischungsgetränk, das erfunden wurde, um eine kleine Familienbrauerei vor dem sicheren Ruin zu retten. Gesagt, getan. Ihren Siegeszug begann Bionade als Kultgetränk im Kino, doch das Konzept mit den bunten Brausen in den hübschen Glasflaschen mit der nostalgisch angehauchten Schrift wurde von Clark Kent zu Superman. Im Jahr 2002 2 Millionen verkaufte Flaschen, 2007 sollen es 200 Millionen werden. Die ganze Welt trinkt Bionade, und irgendwie vermißt man zwar das lustige Suchspiel, wenn man doch mal ein paar rot, grün oder gelb gefüllte Flaschen außerhalb eines Kinos entdeckt hatte, aber man ist doch auch irgendwie stolz auf die gelungene Globalisierung eines regionalen Produkts. Nur die Plastikflaschen sind nicht mehr ganz so authentisch wie die aus Glas.

Eine ähnliche Geschichte scheint sich derzeit im Kino abzuspielen. Gerüchteweise hatte man vernommen, daß ein "neuer" Kinderfilm - eine kleine deutsche Produktion à la Pünktchen und Emil - exklusiv (man höre und staune) in Multiplexen gestartet werden sollte. Parallel dazu wird eine Geschichte auf den Markt gebracht, die auch einen Jungen und ein Mädchen zur Identifikation anbietet, unterhalten will, und nebenher an alle möglichen menschlichen Probleme rührt. Der Haken: "Paulas Geheimnis" wird von einem kleinen Verleih betreut, "Max Minsky und ich" vom X Verleih. Finanzstärke und Marketingmacht sind ungleich verteilt. Da könnte man jetzt meinen: Ist ja super, daß Paula trotzdem auch in den Multiplexen gespielt wird.

Paulas Geschichte aber beginnt eigentlich viel früher: Letztes Jahr im September in Frankfurt am Main gewann das Großstadt-Abenteuer, das gleichzeitig auf soziale Mißstände freundlich aufmerksam macht, den ersten Preis des LUCAS-Kinderfilmfestivals. Seitdem wurde der Film durch Festivals groß - kleine Kinos in großen und kleinen Städten investierten viel Arbeit und Mühe in ihn, um ihn nach und nach bekannt zu machen. Die Aufmerksamkeit, die der Film dadurch gewann, grasen jetzt die Multiplexe ab. Dennoch sieht es so aus, als hätten sich doch noch ein paar Programmkinobetreiber eine Kopie sichern können. Ob sich "Paulas Geheimnis", der am Donnerstag startet, gegen "Max Minsky", der bereits seit dem 06. September läuft und KarstadtSport als Werbepartner aufbieten kann, zu behaupten weiß, wird sich zeigen.


Von Kleinostheim in die weite Welt, und vom Festival in die Plexe: Hoffentlich klappt das mit der "Globalisierung". Wünschen wir beiden das Beste.

Sonntag, 9. September 2007

Unser Mann in Venedig

Wir gratulieren Dr. Detlef Roßmann, der vor einer Woche zum neuen Präsident der CICAE (Internationaler Verbadn der Filmkunsttheater) gewählt wurde. Wir finden: eine gute Wahl und eine angemessene Würdigung der hervorragenden Arbeit der AG Kino.

Die lieben Kleinen

Ein Thema, das mich naturgemäß beschäftigt, ist der Nachwuchs in der Filmtheaterbranche. Gehen Sie auf ein großes Branchentreffen und sehen Sie sich um: kaum einer unter 35. Die jungen Leute sitzen zwar im Kinosaal, sie stehen auch hinter dem Concessiontresen oder am Projektor, aber als Berufsbild über den Studentenjob hinaus scheint der Kinomacher oder der Theaterleiter weitgehend passé zu sein.

Noch ist das nicht weiter tragisch, denn es gibt genug "alte Hasen" (die soo alt dann ja meist auch nicht sind), die hervorragendes Kinos machen und bei denen noch lange nicht Schicht im Schacht ist. Gottlob sind viele Leute der ersten Programmkinogeneration noch im Geschäft, denn ohne sie fiele ein tiefer Schnee. Aber ich habe auch schon mit Kinomachern gesprochen, die mir sagten: "Bei uns im Kino sind immer weniger junge Zuschauer - ist ja auch kein Wunder, woher soll ich mit 40 denn wissen, was einen 18jährigen interessiert?" Kino von jungen Erwachsenen für junge Erwachsene auf einer breiten Basis, das war einmal zu Zeiten der Filmclubbewegung.

Beim HDF gibt es eine Initiative, die sich "Next Generation" nennt. Ich habe beim HDF-Kongress davon gehört und war sehr gespannt drauf, die Leute kennen zu lernen und mit Ihnen in Austausch zu treten - bis ich erfahren habe, dass es sich da weniger um Nachwuchs von außen, als vielmehr um die Familiennachfolge der "Kino-Rentner" handelt. Das Gruppenfoto sah nicht gerade danach aus, als sei der bunte Haufen frisch von der Schule oder Uni.

Das ist natürlich schade, denn Neueinsteiger könnten den frischen Wind in die Branche bringen, der im Moment so ein bißchen fehlt. Der Schwung, den die Programmkinomacher in den Siebzigern reingebracht haben, hat lange gehalten, die Multiplexe haben in den Neunzigern dann noch ein bißchen was durcheinandergewirbelt, aber die Digitalisierung heute scheint auf der Konzeptebene (trotz potentieller Flexibilisierung des Abspiels in allen erdenklichen Dimensionen) wenig Innovationen zu bringen. Es muss ja nicht gleich ein "Papas Kino ist tot" Aufguss werden, dafür sind wir alle zu sehr Traditionalisten, aber ein wenig vom damaligen Geist könnte nichts schaden.

Jetzt können Sie mich natürlich fragen, warum ich nächste Woche nicht auf der Filmkunstmesse bin, um den Altersdurchschnitt zu senken (ein paar Jahre sollte mir das noch gelingen). Wäre ich ja gerne, aber ich habe keinen Urlaub. Denn für den Berufseinstieg musste ich mich für eine andere Branche entscheiden, so schwer es mir auch fiel. Meine Kinobegeisterung ist hier nicht von Interesse, und ich habe auch keine Möglichkeit, meine Ideen umzusetzen - aber hier ist ein junger, kreativer Mensch gefragt. Im Gegensatz zu meiner Erfahrung aus der Filmtheaterbranche auch ohne Berufserfahrung und kaufmännische Ausbildung. Und ich werde sogar gut genug bezahlt, um Wohnung und Lebensunterhalt zu finanzieren. Freilich, die Karriere vom Vorführer zum Kinobetreiber oder der Blindlings-Einstieg durch Übernahme eines Kinos hätte mir trotzdem offengestanden (Kinos wurden uns unterwegs genug angeboten) - aber so Kino zu machen, wie ich mir das vorstelle, ist leider wirtschaftlicher Selbstmord. Das hat mir leider jeder bestätigt, der so Kino macht.

Wenn es uns gelingen könnte, den Erfahrungsschatz der Programmkinoleute der ersten Generation mit den Ideen der jungen Kinofans zusammenzubringen und auch mal die zu fragen, die nicht mehr hingehen, dann würden daraus vielleicht auch die innovativen Ideen entstehen, die Kino auch wirtschaftlich wieder interessant machen. Und dann könnten wir die "Zukunft des Kinos" auch mal auf beiden Seiten des Projektors diskutieren.

Keyword-Kuriosa

Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus, wenn wir sehen, was die Leute so alles in Suchmaschinen eingeben - und dann hier landen. Zuletzt waren da etwa "mast und schotbruch redensart", "was bedeutet das wort sexy", "selbstmord 6.9.07" und "3d kino wenn man schwanger ist". Und irgendwer hat immer noch eine "beschwerde ans cinecitta" (ts, ts)...

Donnerstag, 6. September 2007

Reiseimpressionen

Gestern war die letzte Kinolabor-Kinoreise für dieses Mal - viel haben wir gesehen, viel gehört, und da bei so vielen Lichtspielhäusern doch eine ganze Menge Kilometer zusammenkommen, scheint es angebracht, als letzten Eindruck eine Reisebeschreibung hinzuzufügen.

Gestern ging es im ICE gen Osten. Ausnahmsweise war es ein sehr sonniger, früher Morgen, und während der blaue Himmel mitsamt Schäfchenwolken und die grüne Landschaft mit Flüssen und Seen am Fenster vorbeirauschte - manch einer behauptet ja, der über die Leinwand flimmernde Film sei diesem Bild vergleichbar - kam ich nicht umhin, trotz meiner Zeitungslektüre meine Nachbarn zu beobachten. Da waren zum Beispiel die zwei redseligen älteren Herren, so gleich aussehend, als wären sie eine ältere Ausgabe der geklonten Matrix-Typen. Aber deutlich netter, denn es waren ganz eindeutig Pfälzer - für diejenigen, die diesen sympathischen Menschenschlag noch nicht so gut kennen: Die Pfälzer wissen das Leben zu genießen, und so durfte auch beim mittäglichen Imbiß der Rotwein nicht fehlen - stilecht mit richtigen Gläsern und sogar einem Tropfenfänger. Dabei wurden sämtliche Bekannten und Verwandten durchgehechelt, auch dies (allerdings nicht nur) eine Pfälzer Leidenschaft. Der ist tot, und der ist tot - ach, und der ist auch schon tot? Naja - ganz jung waren die beiden Herren eben nicht mehr.

Dann war da noch die ebenfalls eher mittelalterliche Blondine - ganz Dame, vom Seidentuch bis zum Kostüm über hochhackigen Schuhen (über die Reisetauglichkeit dieser Mode habe ich mir auch so meine Gedanken gemacht...), die in den 70ern bestimmt eine umwerfend schöne Stewardess gewesen ist - als Flugbegleiterinnen noch diesen schicken, englischen Namen trugen. Sie war so reserviert, so ganz in Ihrer Welt versunken - bis ihr Handy klingelte. Und siehe da, wieder einmal verriet der Klingelton alles: Die kühle Blondine hörte auf einen leidenschaftlichen Tango...

Die Rückfahrt, obgleich fröhlich begonnen bei einem interkulturellen Austausch zwischen zwei jungen (West-)Handwerkern und einer (Ost-)Berufsakademie-Anwärterin (übrigens für die Pfalz), dehnte sich aus auf Hollywood-Blockbuster-Überlänge, nachdem es einen Personenschaden zu vermelden gegeben hatte - ein irgendwie metallisches, kaltes Wort für einen Selbstmord, der Leichenteile und verstörtes Zugpersonal zurückließ, während die Reisenden den tragischen Unfall gelassen nahmen, jeder verdrängte das schreckliche Geschehen auf seine eigene Art und Weise.
Bald war das beendete Leben vergessen, und wieder huschten blauer Himmel, weiße Schäfchenwölkchen und grüne Wälder und Wiesen am Zugfenster vorbei. Der distinguierte ältere Herr schräg gegenüber zeigte sich als mit der neuesten Technik ausgerüstet: Die Serienbild-Aufnahmefunktion seiner gewiß teuren Digitalkamera nutzend, machte er Fotos der schönen Landschaft im Abendlicht. Wobei ich mich sehr ernsthaft gefragt habe, wo die Freude über die Ergebnisse herkam, nachdem die Zugfenster vor Schmutz starrten. Aber sei's drum - den vorüberziehenden Film nimmt jeder für sich selbst und anders wahr.

Samstag, 1. September 2007

Kinoszene Bonn (2): Ist das Metropol gerettet?

Immer noch kein Bonner Kino von innen gesehen... Ja, ich schäme mich. Aber Sie haben ja keine Ahnung, wie es in meinem neuen Job zugeht. Gut Ding will eben Weile haben.

Immerhin wird von folgender Filmecho-Meldung meine Hoffnung genährt, eines Tages auch das Metropol erleben zu dürfen:
"Hoffnung für das Bonner Metropol?
Mit einer deutlichen Stellungnahme für das Bonner Metropol-Kino hat die Bezirksregierung Köln den Widerspruch der Eigentümerin gegen die Ablehnung der Bauanträge vom September 2006 abgewiesen. Die Eigentümerin plant einen Umbau des 1928 erbauten Kinos am Bonner Markt, um das denkmalgeschützte Gebäude für den Einzelhandel zu nutzen. Die Bezirksregierung verweist in ihrer Stellungnahme auf die Pflicht des Denkmaleigentümers, sich selbstständig um eine denkmalgerechte Nutzung des Denkmals zu kümmern. Eine Nutzung für den Einzelhandel hält die Stellungsnahme für nicht denkmalverträglich.
Ein von der Filmstiftung NRW in Auftrag gegebenes Gutachten der Kinofachleute rmc rinke medien consult, Wuppertal, hatte schon im Vorfeld nachgewiesen, dass das Metropol auch in Zukunft wirtschaftlich als Kino zu führen ist. Michael Schmid-Ospach, Geschäftsführer der Filmstiftung NRW: „Die klare Stellungnahme der Bezirksregierung, die starke Unterstützung aus der Bonner Bevölkerung und das Wirtschaftlichkeits-Gutachten sind starke Argumente für den Erhalt des Metropol als Filmtheater. Kino mitten in der Stadt ist für das urbane Klima wichtiger als weitere Aktivitäten im Buchhandel. Dies gilt umso mehr, wenn es sich dabei um ein auch architektonisch so wunderbares Kino wie das Metropol handelt. Was hier verloren ginge, wäre nie wieder zu ersetzen.“
(Quelle: filmecho.de)
Klingt fast zu gut, um wahr zu sein? Kinder, so ist Kino eben.

PG vor der Änderung?

Vor kurzem wurden wir von einem Kinobetreiber und FSK-Insider angesprochen, der unsere bekanntermaßen kritische Haltung der PG-Regelung gegenüber als "kontraproduktiv" bezeichnete. Grund: er ist Befürworter der PG-Regelung, weil er sie als ein demokratisches Instrument ansieht, das die Eigenverantwortung und Erziehungskompetenz der Eltern fördert. Mancher wird das vielleicht idealistisch finden, aber der Einwand ist durchaus berechtigt.

Derzeit steht die 2003 eingeführte PG-Regelung auf dem Prüfstand. Das ist eine Diskussion, die zu wichtig ist, um sich nicht einzumischen. Klar ist es eine Regelung, die den Kinos so manchen Besucher mehr beschert (Harry Potter, Fluch der Karibik,...), aber die Frage ist, um welchen Preis. Wieviel verkraftet das Durchschnittskind und macht es etwas aus, ob Mami und/oder Papi mit dabeisitzen? Müssen es überhaupt Mami und Papi sein? Gibt es Filme, für die die Regelung sinnvoll ist und solche, die man besser davon ausnehmen sollte? Oder ist der Grundgedanke richtig und nur das Gesetztesmodell schlecht ausgedacht?

In unserem aktuellen Poll geben wir Ihnen Gelegenheit, sich an der Diskussion zu beteiligen - Sie können sogar mehrere Optionen zugleich anklicken (also z.B. Abschaffung + neue FSK Kennzeichen). Soll die PG-Regelung wieder abgeschafft werden, ist sie gut so, wie sie ist, oder sollte sie einfach nur für ausgewählte Filme gelten? Sollte man sie gar ausweiten oder doch lieber durch neue FSK-Kennzeichen ersetzen (also z.B. FSK 6, FSK 10, FSK 14), die vielleicht auch noch mit Altersempfehlungen kombiniert sind? Bisher tun das manche Kinobetreiber ja schon, aber eben uneinheitlich. Die FSK wehrt sich dagegen, solche Empfehlungen zusätzlich zu den Kennzeichen auszusprechen - dabei sitzen die Gutachter doch ohnehin schon beieinander und tauschen sich über die Eignung des Films für eine bestimmte Altersklasse aus.

Eine Entscheidungshilfe können Ihnen die von RMC durchgeführte Akzeptanzstudie der FSK, eine Einschätzung des katholischen Filmdienst und ein erhellender Artikel von Tilmann Gangloff, der in der Welt, der Mopo und im Südkurier erschienen ist, geben.

1,66*

Fragt ein Mann seine Frau: "Schatz, gehen wir mal wieder ins Kino?"
Sie, pikiert: "Aber wir waren doch gerade erst!"
Er: "Ja, aber inzwischen gibt es Tonfilme."

* 1,66 ist die Zahl der durchschnittlichen Kinobesuche pro Kopf im Jahr 2006.

Es bleibt dabei: Programmkino

Das Kind hat einen Namen: "Programmkino" ist und bleibt das einzig Wahre, haben 46% der Teilnehmer unseres letzten Polls bekundet. Auf Platz zwei folgt "Filmkunsttheater" (29%), schon etwas abgeschlagen folgt "Arthouse" auf dem dritten Platz (21%). Für das "Studiokino" der Siebziger mag sich keiner mehr erwärmen. Ein einsamer Wolf (macht 2% aus) hat "Sonstige" angeklickt, uns aber nicht mitteilen wollen, an welchen Begriff er denkt. Vielleicht wollte er aber auch nur kundtun, dass man über eine neue Namensgebung nachdenken sollte? Wir bleiben neugierig.