Dienstag, 11. September 2007

Bionade für die Welt und Paula gegen alle

Heute morgen beschäftigt sich das Feuilleton der FAZ mit einem modernen Märchen: Dem mittlerweile berühmten Erfrischungsgetränk, das erfunden wurde, um eine kleine Familienbrauerei vor dem sicheren Ruin zu retten. Gesagt, getan. Ihren Siegeszug begann Bionade als Kultgetränk im Kino, doch das Konzept mit den bunten Brausen in den hübschen Glasflaschen mit der nostalgisch angehauchten Schrift wurde von Clark Kent zu Superman. Im Jahr 2002 2 Millionen verkaufte Flaschen, 2007 sollen es 200 Millionen werden. Die ganze Welt trinkt Bionade, und irgendwie vermißt man zwar das lustige Suchspiel, wenn man doch mal ein paar rot, grün oder gelb gefüllte Flaschen außerhalb eines Kinos entdeckt hatte, aber man ist doch auch irgendwie stolz auf die gelungene Globalisierung eines regionalen Produkts. Nur die Plastikflaschen sind nicht mehr ganz so authentisch wie die aus Glas.

Eine ähnliche Geschichte scheint sich derzeit im Kino abzuspielen. Gerüchteweise hatte man vernommen, daß ein "neuer" Kinderfilm - eine kleine deutsche Produktion à la Pünktchen und Emil - exklusiv (man höre und staune) in Multiplexen gestartet werden sollte. Parallel dazu wird eine Geschichte auf den Markt gebracht, die auch einen Jungen und ein Mädchen zur Identifikation anbietet, unterhalten will, und nebenher an alle möglichen menschlichen Probleme rührt. Der Haken: "Paulas Geheimnis" wird von einem kleinen Verleih betreut, "Max Minsky und ich" vom X Verleih. Finanzstärke und Marketingmacht sind ungleich verteilt. Da könnte man jetzt meinen: Ist ja super, daß Paula trotzdem auch in den Multiplexen gespielt wird.

Paulas Geschichte aber beginnt eigentlich viel früher: Letztes Jahr im September in Frankfurt am Main gewann das Großstadt-Abenteuer, das gleichzeitig auf soziale Mißstände freundlich aufmerksam macht, den ersten Preis des LUCAS-Kinderfilmfestivals. Seitdem wurde der Film durch Festivals groß - kleine Kinos in großen und kleinen Städten investierten viel Arbeit und Mühe in ihn, um ihn nach und nach bekannt zu machen. Die Aufmerksamkeit, die der Film dadurch gewann, grasen jetzt die Multiplexe ab. Dennoch sieht es so aus, als hätten sich doch noch ein paar Programmkinobetreiber eine Kopie sichern können. Ob sich "Paulas Geheimnis", der am Donnerstag startet, gegen "Max Minsky", der bereits seit dem 06. September läuft und KarstadtSport als Werbepartner aufbieten kann, zu behaupten weiß, wird sich zeigen.


Von Kleinostheim in die weite Welt, und vom Festival in die Plexe: Hoffentlich klappt das mit der "Globalisierung". Wünschen wir beiden das Beste.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Moin, moin
Schön gebrüllt zum Schutz der Programmkinos und kleinen Kinos in Bezug auf Paula. Auch wir haben eine Geschichte und die fängt auch ungefähr vor einem Jahr an und zwar mit dem Zauberflugzeug, dieser Film hat auch den Lucas gewonnen. Dieser Film wollte auch gesehen werden. Wir haben lang und breit versucht diesen Film ins KIno zu bringen und natürlich will und möchte man den Film dann dort in die Kinos bringen , wo er vermeintlicher Weise gepflegt und gehegt wird. Wir haben uns also auf die Suche begeben nach den Cralshütern der Filmkultur. Leider finden wir nur wenige, welche dann auch noch ein Kinder- und Jugendprogramm anbieten. Wo wir sie gefunden haben, haben wir sie eingebunden, wie auch bei Paula. Ein Metropolis in Köln, ein Solln Kino in München, ein Thalia in Augsburg, ein Gloria in Heidelberg, ein Abaton in Hamburg, ein FAF in Berlin, oder ein Provinz 80 im Hessischen. Feststellen mussten wir aber auch, daß viele Programmkinos keine Kinder und Jugendschienen mehr pflegen, schaut selber nach was in vielen Häusern gespielt wird. Dann kommen wir zur nächsten Crux, auch mit Paula müssen wir Rechnungen bezahlen, Produzenten befriedigen und möglichst vielen die Möglichkeit geben, den Film zusehen. Der Mittelstand und die Multiplexe werden hier zum Träger. Nur wenn wir auch mit kleinen Mitteln möglichst breitfächern können wir Kosten wieder hereinholen und Fördergelder zurückgeben. Wir brauchen die breiten Kinos ebenso wie die Programmkinos und wir bemühen uns immer einen Mittelweg zu finden. Und ja wir sind froh am Anfang auch in den großen Kinos zu spielen, denn diese tragen einen Film auch in die Öffentlichkeit durch ihre Werbung. Ich würde mir wünschen, daß wir nicht in Gegensätzen denken sondern in Gemeinsamkeiten. Auch ein Filmfestival wie der Goldene Spatz hat seinen Weg mit einem Multiplex gefunden.
Beste Grüße
Barny Barnsteiner

Anonym hat gesagt…

Lieber Barny Barnsteiner,
es freut uns außerordentlich, dass Sie zu diesem immer wiederkehrenden Thema so ausführlich Stellung beziehen. In der Tat mussten auch wir im Rahmen der laufenden Marktanalyse über den deutschen Kinderfilm feststellen, dass es mittlerweile überraschend viele Programmkinos ohne oder mit spärlichem Kinderprogramm gibt, ebenso aber viele Mainstreamkinos inzwischen ein im Vergleich zu manchem hochgelobten Filmkunsthaus geradezu "beschämend" breites Angebot in diesem Bereich haben - durch mehr Leinwände und andere Grenzkostenbetrachtungen haben die natürlich auch oft andere Möglichkeiten. Was uns veranlasste, Paula zum Thema zu machen, war das Gerücht, der Film würde zum Start ausschließlich von einer Kinokette gespielt - das sich beim Durchlesen der aktuellen Spielpläne erfreulicherweise nicht bewahrheitet hat. Verwundert sind wir nichtsdestotrotz über den Starttermin in unmittelbarer Nähe zu "Max Minsky". Klar, demnächst kommt dann ausch schon wieder "Könige der Wellen" usw. usf. - da ist Paula nur ein Beispiel unter vielen für die bekannte Startterminproblemtik. Die Frage ist, wer mit seinen Kids dann gleich zweimal innerhalb kurzer Zeit ins Kino geht - hoffentlich viele.
Natürlich müssen wir aber auch daruf hinweisen (wenigstens dieses Miauen können wir nicht lassen), dass es auch eine Reihe von kleinen Kinos mit konkurrenzfähigen Zahlen (die Beurteilung des Worts konkurrenzfähig muss in letzter Instanz zugegebenermaßen immer beim Verleiher liegen) gibt, die die Chance einer Startkopie verdient hätten. Hoffen wir, dass sie in einem nicht allzu späten Nachspiel tatsächlich von guten Ergebnissen und word-of-mouth aus den Großkinos profitieren können. Wo ein Film "hingehört", ist auch Geschmackssache des Publikums - uns ist einfach daran gelegen, dass es die Wahl hat. Solange das gewährleistet ist, ziehen wir sicher alle am selben Strang.
Herzlich,
Jan P. Sefrin