Samstag, 1. September 2007

PG vor der Änderung?

Vor kurzem wurden wir von einem Kinobetreiber und FSK-Insider angesprochen, der unsere bekanntermaßen kritische Haltung der PG-Regelung gegenüber als "kontraproduktiv" bezeichnete. Grund: er ist Befürworter der PG-Regelung, weil er sie als ein demokratisches Instrument ansieht, das die Eigenverantwortung und Erziehungskompetenz der Eltern fördert. Mancher wird das vielleicht idealistisch finden, aber der Einwand ist durchaus berechtigt.

Derzeit steht die 2003 eingeführte PG-Regelung auf dem Prüfstand. Das ist eine Diskussion, die zu wichtig ist, um sich nicht einzumischen. Klar ist es eine Regelung, die den Kinos so manchen Besucher mehr beschert (Harry Potter, Fluch der Karibik,...), aber die Frage ist, um welchen Preis. Wieviel verkraftet das Durchschnittskind und macht es etwas aus, ob Mami und/oder Papi mit dabeisitzen? Müssen es überhaupt Mami und Papi sein? Gibt es Filme, für die die Regelung sinnvoll ist und solche, die man besser davon ausnehmen sollte? Oder ist der Grundgedanke richtig und nur das Gesetztesmodell schlecht ausgedacht?

In unserem aktuellen Poll geben wir Ihnen Gelegenheit, sich an der Diskussion zu beteiligen - Sie können sogar mehrere Optionen zugleich anklicken (also z.B. Abschaffung + neue FSK Kennzeichen). Soll die PG-Regelung wieder abgeschafft werden, ist sie gut so, wie sie ist, oder sollte sie einfach nur für ausgewählte Filme gelten? Sollte man sie gar ausweiten oder doch lieber durch neue FSK-Kennzeichen ersetzen (also z.B. FSK 6, FSK 10, FSK 14), die vielleicht auch noch mit Altersempfehlungen kombiniert sind? Bisher tun das manche Kinobetreiber ja schon, aber eben uneinheitlich. Die FSK wehrt sich dagegen, solche Empfehlungen zusätzlich zu den Kennzeichen auszusprechen - dabei sitzen die Gutachter doch ohnehin schon beieinander und tauschen sich über die Eignung des Films für eine bestimmte Altersklasse aus.

Eine Entscheidungshilfe können Ihnen die von RMC durchgeführte Akzeptanzstudie der FSK, eine Einschätzung des katholischen Filmdienst und ein erhellender Artikel von Tilmann Gangloff, der in der Welt, der Mopo und im Südkurier erschienen ist, geben.

1 Kommentar:

cinema-pf hat gesagt…

Um das Problem vom Grundsatz her anzugehen, muß man sich die Praxis in den Kinos vor der Einführung der PG-Regelung nochmals vor Augen führen:
Das Hauptproblem bestand und besteht in der großen Alterszeitspanne zwischen den Freigaben 6 und 12 Jahre bzw. der Entwicklung der Kinder in dieser Zeit. Dies führte zwangsläufig dazu, dass Filme welche für einen 6jährigen noch nicht geeignet waren, sich ein 10jähriger jedoch bedenkenlos ansehen konnte, erst ab 12 Jahren freigegeben wurden. Häufig dachten Eltern, sie könnten durch ihre Begleitung dieses Problem umgehen, suchten mit ihren Kindern das Kino auf nachdem sie versprochen hatten, "kein Problem, wir sind ja dabei" und wurden abgewiesen. Dies führte häufig zu unschönen Situationen an Kasse und Einlass; schließlich stellte das Kinopersonal ja vor den Augen der Kinder die Autorität der Eltern in Frage. Problematisch war hierbei insbesondere, dass sich die Eltern tatsächlich im Recht sahen; geht es um das Gesetz das den Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in der Öffentlichkeit regelt, konnten sie die Vorschriften durch ihre Begleitung ja auch aufheben. Dementsprechend fühlten sich viele Erwachsene vor den Kopf gestoßen.
Zweites Problem: Familie mit zwei Kindern, z.B. 11 und 13 Jahre alt. Nun haben beide Kinder gemeinsam z.B. das neue "Harry Potter"-Buch vorgelesen bekommen. Es bestand objektiv wirklich kein Grund, diese Kinder nicht gemeinsam mit den Eltern ins Kino zu lassen. Nur stellt sich dann die Frage: Fange ich einmal mit Ausnahmen an, wo höre ich auf?
Als Kinobetreiber habe ich also die Einführung der PG-Regelung aus o.g. Gründen begrüßt.
Nun zeigt nach einigen Jahren die Praxis, dass neue Probleme auftreten.
Aus meiner Sicht, hat sich die Kinobranche da auch einige selbst bereitet. Es wäre von vielen Betreibern klüger gewesen, das neue Gesetz stillschweigend anzuwenden; hiermit wäre ein Zustand offiziell worden, den die meisten Eltern sowieso als gegeben vorausgesetzt haben. Jedoch gingen gerade die Ketten dazu über, Filme - egal wie geeignet oder nicht - wenn diese ab 12 Jahren freigegeben wurden mit dem Logo "6 + " o.ä. zu bewerben. Bei Cineplex gibt es große Plakate an der Kinotüre, welche auf die Möglichkeit hinweisen, mit den Eltern in Filme ab 12 zu gehen - die Kinder auf diesen Plakaten sehen deutlich jünger als 10 Jahre aus. Dies ist außerordentlich ärgerlich, da eine Kennzeichnung wie 6+ den Eindruck erweckt, dass der Film auch ab 6 Jahren geeignet ist; das ist er natürlich nicht, sonst wäre er ab 6! Des weiteren scheinen sich manche Eltern überhaupt keine Gedanken mehr zu machen, in welche Filme sie ihren Nachwuchs mitnehmen und meinen, die PG Regelung wäre generell anwendbar. das krasseste Beispiel aus meiner Praxis waren Eltern, welche mit ihrem 4jährigen Sohn "King Kong" besuchen wollten und argumentierten "... der wird nächstes Jahr 5 und der Film ist doch ab 6".
Noch ein Problem: Es gibt einen Haufen Horrorfilme ab 16 Jahren, z.B. aktuell "28 Weeks later". In der Regel ist der Trailer dann eine Stufe niedriger, also ab 12 freigegeben. Durch die Praxis der PG-Regelung kommt es nun jedoch vor, dass dieser Trailer bereits von 6 Jährigen gesehen werden kann, und dies ist der einzige Punkt, wo dann auch die Eltern entsetzt aufschreien.
Was also wäre zu tun?
Das Hauptproblem besteht und bestand immer an der großen Diskrepanz zwischen 6 und 12 Jahren. Hier könnten endlich Altersgemäße Einstufungen, also ab 6, 10 und 12 Jahren vorgenommen werden.
Bislang gängige Praxis bei der FSK ist, dass ein Film immer nur um eine Stufe heruntergesetzt wird, und dann wieder vorgelegt werden muß. Also: Ich mache eine Donald Duck-Film, ohne FSK ist dieser ab 18. Ich lege ihn vor und er ist ab 12. Da es jedoch ein Donald Duck-Film ist, und ich ihm das maximale Publikum ermöglichen möchte, lege ich ihn insgesamt 4 mal vor um ihn auf "keine Altersbeschränkung" zu bekommen.
Nun möchte jeder Verleih seinem Film das maximale Publikum erschließen, und legt seine Filme so oft wie möglich vor. Dies führt häufig dazu, dass Filme eine Freigabe haben für ein Publikum, für welches sie zwar nicht schädlich, aber keinesfalls sinnvoll sind. Wie auch im Blog erwähnt, halten viele Eltern Altersfreigaben ja fälschlich für Empfehlungen.
Mit diesem Irrsinn sollte Schluß gemacht werden! Vorschlag: Die FSK begutachtet einen Film einmalig, und legt die Freigabe, welche sie am geeignetetsten findet fest. Hiergegen kann der Verleih wenn er nicht einverstanden ist einmalig in Berufung gehen damit der Film von einer zweiten Komission begutachtet wird. Sollte es dann immer noch zu Unstimmigkkeiten führen müßte noch eine unabhängige Schlichtungsstelle vorhanden sein und gut ist.
Unabhängig von diesen beiden Novellierungen sollte dann aber PG beibehalten werden, um Eltern, gerade in dem Beispiel zwei Kinder 11 und 13, die Möglichkeit zu geben mit der ganzen Familie einen Film gemeinsam im Kino zu sehen. Durch neue Abstufungen in den Altersfreigaben wäre ein allzu großer Alterssprung ja nicht mehr möglich. Dann wäre die PG-Regelung dort, wo sie Sinn macht.