Sonntag, 9. November 2008

This is how we do it

Ein gutes Jahr in Bonn und endlich in ein Kino verliebt. Das von mir durchaus geschätzte, aber bisher noch nicht in die höheren Weihen des Liebens aufgestiegene Kino in der Brotfabrik hat mir innerhalb weniger Tage mehrere vorführtechnische Ausnahmeleistungen zuteil werden lassen.

Zunächst war da die Vorstellung unter dem Motto "Erlebnisort Kino" zum Aktionstag der Kommunalen Kinos. Gezeigt wurden "Movie Nights" und Buster Keatons "Sherlock jr.", ein Film, der mir auf Video wenig gegeben hat, sich in der Kinoprojektion aber als ganz fabelhaft herausstellte. Die Vorführung war insofern exeptionell, als dass beide Filme auf 16mm vorgeführt wurden, einem Filmformat, das im Filmtheaterbetrieb in der Tat als ausgestorben gelten darf, und zusätzlich durch Live-Musik gestützt wurden. Allerdings nicht das übliche, pardon, Geklimper, das mir kalte Schauer über den Rücken jagt, sondern eine mutige Variante des Trios "Filmsirup" mit Klavier, Bass und Elektronik-Part. Sehr zeitgemäß und eine echte Erlebniserweiterung!

Vorab wurde die Vorführung von zwei Tati-Filmen angekündigt - mit Trailern! Weiß der Teufel, wo man die noch ausgräbt. Und als Krönung des Ganzen beeilte man sich noch zu sagen, dass die eigentliche Kopie von "Trafic", die gezeigt werde, wesentlich schönere Farben habe als der rotstichige Trailer.

Was ich bestätigen kann. Die Vorführung in der Brotfabrik ist generell über jeden Zweifel erhaben. Scharf gestellt wird immer, wenn es notwendig ist oder wird, und stets sofort. Zu Beginn der Trailerrolle, zu Filmbeginn, beim Aktwechsel und auch sonst. Aber jetzt das Schönste:
Der Trailer zu "Trafic" wurde auch im Vorprogramm von "Playtime" noch einmal gezeigt, und siehe da, es schob sich ein Filtergläschen vor die Linse. Ein Filter. Für die Vorführung eines Trailers. Das hab ich noch nicht erlebt.

Der Vorführ-Effekt

Letzte Wochen auf den Medientagen in München gewesen. Die einzige von mir besuchte Veranstaltung, die ich rappelvoll erlebt habe, war erfreulicherweise die Vorstellung der Imagestudie Deutscher Film. So voll übrigen, dass Staatsminister Neumann, der ein Grußwort sprach, nur unter Protest in den bereits voll belegten Seminarraum eingelassen wurde.

...es ist immer so eine Sache, wenn man sich über Film mitteilen möchte, indem man selbiges Medium dazu benutzt. So war es auch zum Auftakt der Rede des FFA-Vertreters vorgesehen, allerdings scheint das technische Briefing nicht ausreichend gewesen zu sein ("klicken Sie hier und ignorieren Sie die Sicherheitswarnung" hätte genügt). Als alleinige Lösungsstrategie für die durch einen Fehlklick auftretenden Probleme hatte der gute Mann leider nur die Funktion "Notausgang" parat. Das heißt X, schließen, Alt-F4, nennen Sie es, wie Sie es wollen.

Mit sichtlicher Mühe und unter Anfeuerung (und Anleitungschoral) des Publikums gelang es nach gefühlten zehn Minuten steigender Peinlichkeit doch noch, das Imagevideo zu starten. Doch, oh weh, an dessen Ende verfehlte der FFA-Vertreter den "Stop"-Button haarscharf, erwischte den schnellen Rücklauf, und das Elend bewegte sich wieder seinem Anfang entgegen.

Welche Lösung hilft da? Richtig...

"Der Computer wird heruntergefahren."

Dieser Akt, vom Verzweiflungsgrad nahe dem guten alten Stecker-ziehen, wurde vom zahlreich anwesenden Fachpublikum offensichtlich als emanzipatorische missverstanden und beklatscht. Radikale Absage an das Diktat der Technik, eine politische Aussage über Nutzerfreundlichkeit, blabla.

Nochmal: es ist nicht nur der Inhalt, der zählt. Es muss auch vernüftig rübergebracht werden.