Sonntag, 2. Dezember 2007

In 80 Kinos um die Welt

...naja, nicht ganz, aber wieder ist ein Fundstück aus einem anderen (Kino-)Land aufgetaucht, das wir unseren Lesern nicht vorenthalten möchten. Es ist zu finden in Khaled Hosseinis Roman "Drachenläufer", der Geschichte einer Freundschaft. Unsere Reise geht heute nach Kabul, aber nicht in das Kabul, das uns aus den Medien so präsent ist wie so viele Kriegs- und Krisengebiete der nahen und ferneren Welt, sondern in ein Kabul vor der Machtübernahme der russischen Kommunisten 1978. Es ist ein Afghanistan aus Sicht von Kindern, die noch Kinder sein durften. Das Wort hat Amir, Sohn aus reichem Hause, das "wir" bezieht sich auf seinen besten Freund Hassan.
"Wir sahen unseren ersten Western - Rio Bravo mit John Wayne - zusammen im Park-Kino, das gegenüber von meinem Lieblingsbuchladen lag. Ich weiß noch, wie ich Baba gebeten habe, uns mit in den Iran zu nehmen, damit wir John Wayne kennen lernen konnten. Baba brach in wahre Salven seines kehligen Lachens aus - ein Geräusch, das dem Aufheulen eines Lastwagenmotors nicht unähnlich war - und erklärte uns, als er wieder sprechen konnte, den Begriff des Synchronisierens. Hassan und ich waren fassungslos. Benommen. John Wayne sprach in Wirklichkeit gar kein Farsi, und er war auch kein Iraner! Er war Amerikaner, genau wie die freundlichen, faulen, langhaarigen Männer und Frauen in ihren zerlumpten bunten T-Shirts, die wir immer in Kabul herumlungern sahen. Wir schauten uns Rio Bravo dreimal an und unseren Lieblingswestern, Die glorreichen Sieben, dreizehnnmal. Bei jeder Vorstellung weinten wir am Schluß, wenn die mexikanischen Kinder Charles Bronson beerdigen - der, wie sich herausstellte, auch kein Iraner war."

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