Montag, 26. Mai 2008

Kranke Synergie

Neulich abends sitze ich auf dem Sofa und sehe Sportfernsehen, und während der Werbepause sehe ich aus dem Augenwinkel eine Tüte Popcorn und einen Reifen nebeneinander. Was war das? Haben mich mien Augen und Ohren getrogen? Nein! Wer vier Reifen der Marke Syron kauft, erhält einen Ein-Jahres-Kino-Gutschein bei UCI Kinowelt! Nur: warum?

Was haben Reifen mit Kino zu tun? Welche Kundenbindungs- und Multiplikationseffekte erwartet sich die beiden davon? Hatte der Syron-Werber die Idee beim letzten Kinobesuch im Glukoserausch nach übermäßigem Genuss von Slushies und Popcorn?

Und wie geht es weiter: gibt es im Kino Reifen-Gratisproben? Kann ich Syron-Reifen an der Concessionstheke erwerben? Und zu welchem Mehrwertsteuersatz? Muss beim Reifenkauf eine Abgabe an die FFA gezahlt werden?

Dienstag, 13. Mai 2008

Rentner vor!

Habe gerade noch ein wenig in der Sonntagszeitung gestöbert, und folgendes gefunden:

Auch Kinos wie das Cinmaxx in Essen oder das Cineplex in Kassel geben deswegen [Rabatte sollen die Hemmschwelle senken und diese zahlungskräftige Gruppe an die für sie fremden Produkte heranführen] gezielt Seniorenrabatte. Die Filmwirtschaft und die Fernsehproduzenten haben sic lange an der Zielgruppe der 14- bis 29jährigen orientiert. Schon 2015 werden aber 50 Prozent der Deutschen älter als 50 Jahre sein und durchschnittlich noch 40 Jahre zu leben haben. Das ist eine große Zielgruppe. Sie hat viel Zeit, ist wohlhabend und - anders als die Nachkriegsgeneration - auch sehr konsumorientiert. Rabatte sollen diese Generation vom Fernsehgerät weg und ins Kino locken. Die Rechnung geht auf. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Anteil der Kinogänger über 50 auf knapp 21 Prozent fast verdoppelt.*

So weit, so schön. Ulkig, daß gerade große Ketten wie Cinemaxx und Cineplex einen Seniorenrabatt anbieten. Nicht nur, daß dadurch das ohnehin schwer überschaubare Preisstaffelungssystem eine neue Verästelung erhält, die das ganze noch ein wenig komplexer macht. Nein, aber daß es gerade die Multiplexe sind, vor denen zumindest alle mir bekannten Älteren schreiend reißaus nehmen.

"Kino?! Nein, da waren wir seit Jahren nicht mehr! Das ist so laut! Und dieser Popcorngestank!" Ja, all die bequemen Analysen der Unbequemlichkeiten kommen nicht von ungefähr! Es gibt eine Menge Menschen, die wirklich so empfinden.
Amüsant auch, daß gerade Essen und Kassel genannt werden, dieses zufälligerweise mit einem anspruchsvollen Programmkino, jenes mit dem vielleicht berühmtesten Kino Deutschlands, der Lichtburg, gesegnet. Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich von Anwohnern des Ruhrgebietes nostalgische Lobeshymnen auf dieses große Kino gehört habe, und es sind nicht wenige, die auch heute noch den Besuch dort schätzen. Vielleicht ist die - im übrigen brillante - Idee des Seniorenrabatts ja zumindest in diesen Städten eine lokal begründete Marketingmaßnahme.

Worin aber liegt dann die Begründung, daß die Zuschauerzahlen im Bereich der "Best Ager" - warum darf man eigentlich "Senioren" nicht mehr sagen? - so dramatisch gestiegen sind? Nun, die Filmlisten der FFA zeigen in dem genannten Zeitraum pro Jahr unter den Top Ten allein knapp die Hälfte Titel, die einen großen Anteil an der neuen Zielgruppe gehabt haben dürfte. Nicht zu vergessen all die familientauglichen Filme, in die Oma und Opa mitgeschleppt wurden oder gar allein den Besuch mit dem Enkel gewagt haben.

Eines gilt es bei der Rabattaktion, die so vielleicht für andere Artikel stimmt, beim Kino aber nicht nur leicht hinkt, zu beachten: Das KINO ist ja keine Erfindung unserer "neuen" Zeit. Das KINO gab es schon, noch bevor die alten Menschen jung waren. Das ist für viele ja gerade das Schöne daran.

* Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 27. April 2008, Nr. 17; S. 56

Montag, 12. Mai 2008

Tanz der Vampire

Noch kann fast keiner digitale Filme zeigen, da treibt das Geschäft schon seine Blüten: Kinowelt präsentiert einen "wiedergefundenen" Lubitsch-Film von 1921, berichtet filmecho - in 2K. Das ist in etwa so, als würde man ein Auto von 1921 mit Elektromotor restaurieren. An den Gedanken der digitalen Restauration hat man sich ja schon gewöhnt, schließlich ist es der einzig passable Weg, um ganze Folgen fehlender Bilder zu rekonstruieren, wo keine andere Kopie, aus der man den Flicken entlehnen könnte, vorhanden ist. Klar, dass man daraus ein digitales Negativ erstellt (was auch anderes) und dies freilich in 2K-Standard. Aber eine digitale Projektion von so etwas verbietet sich für Puristen dann doch irgendwie, zumindest heute noch.
In ein paar Jahren schon wird sich das geändert haben. Zu verlangen, dass ein Filmklassiker auf 35mm gezeigt wird, wird dann etwa so anmuten, als würde man heute verlangen, Stummfilme nur auf handbetriebenen Projektoren mit Livemusikbegleitung vorzuführen. Oder Mozart nur auf Instrumenten aus dem 18. Jahrhundert zu spielen. Was natürlich ein Trugschluss ist, denn das Prinzip Filmprojektor weicht 2008 von seinem Ursprung 1895 nicht so dramatisch ab. Intermittierender Transport, Lichtquelle, Optik, Filmstreifen - die Komponenten sind alle da. Der DLP-Projektor aber hat damit nichts gemein. Er kann nur noch den Inhalt transportieren, wie eine DVD. Der von Kopiengeneration zu Kopiengeneration weitergegebene Abglanz des Schauspielers, der 1921 vor der Kamera stand, ist nicht mehr da (ich weiß nicht mehr, wer das geschrieben hat,mag sein, dass es Siegfried Zielinski war). Die Theoretiker unter uns befreit das von dem gerne vorgeworfenen "Fetischismus" (wer das gesagt hat, weiß ich noch, schweige aber höflich), zwischen dem Film als Werk und dem Film als Objekt zu unterscheiden.
Der digitale "Film" - lieber möchte ich wirklich von Video reden, wenn es sich um elektronisch "aufgelöste" Bilder handelt, und der Film hat seinen Namen ja nun auch vom Material des Kunststoffstreifens -, der digitale "Film" ist allerdings auch endlich wirklich in der Welt der Massenreproduzierbarkeit angekommen. So perfekt austauschbar und zu vervielfältigen war er bisher eben nur in der Idee. Und die Filmpioniere hätten keinen Tag gezögert, den Schritt zur Digitalisierung zu tun, wäre er ihnen technisch möglich gewesen: Schärfere Bilder? Billigere Kopien? Höhere Zahlen ohne Qualitätsverluste? Man müsste ja bekloppt sein, sich dieses Geschäft entgehen zu lassen. Und wenn man auf diesem Wege aus alten Schinken noch mal ein paar Mark rausquetschen könnte - grandios. Was das Produktionskosten spart!
Stellt sich die Frage: Warum nur hängen wir so an unserem alten Krempel...?

Hinter Glas

Glaubt man den immerhin acht Teilnehmern an unserer letzten Umfrage, wird die Attraktivität von 3D-Kino empfindlich gemindert dadurch, dass man dabei eine unförmige Brille auf der Nase hat. Aber, meine Lieben: im Kino ist es doch dunkel. Sieht euch doch keiner damit.