Mittwoch, 16. April 2008

Heimkino, vergoldet

Da auch die Atlantikküste zur Zeit eher mit reichlich Regen denn mit strahlendem Sonnenschein bedacht wird, habe ich immerhin die Zeit gefunden, diverse Bücher zu verschlingen. Das einzige erwähnenswerte war ein Buch, in dem es um einen Drehbuchautor in Hollywood ging. Nicht, weil die Rede von Hollywood war, sondern weil sich der Autor einen Milliardär ausgedacht hat, der das einzig Richtige mit seinem Geld anfängt: Er läßt sich einen Filmstock von acht- bis zehntausend der besten Filme aller Länder, Zeiten und Regisseure zusammenstellen - natürlich auf Film, versteht sich! - und sorgt dafür, daß er diese jederzeit im passenden Rahmen genießen kann.
Vor dem privat-cineastischen Abenteuer allerdings steht die Erkenntnis des Drehbuchautors, was man mit Geld vermeiden kann.

Douglas Kennedy, Um jeden Preis
"Man hatte ein Privatkino in jeder Residenz. Nie mußte man eines dieser schrecklichen Multiplexe betreten oder so ein heruntergekommenes und verflohtes Programmkino... außer natürlich, man wollte sich mal einen Abend in primitiven Verhältnissen verlustieren."
So also sehen amerikanische Filmkunstkinos aus? Wohl wieder eine Frage der Perspektive... Also, Vorhang auf für den wahren Luxus:

"Nach dem Überraschungsdiner an diesem Abend (einer exquisiten Bouillabaisse aus der Pazifik-Küche, zu der ein ebenso erstaunlicher Au bon Climat-Chardonnay gereicht wurde) setzte ich mich allein in den Kinosaal und genoß eine Doppelvorstellung. [...] Statt Popcorn bracht mir Meg mal ein Tablett mit belgischen Pralinen, mal einen Bas Armagnac von 1985. [...]

Er [der spätere Milliardär] wohnte in einem Dreckloch Ecke 11th Street/First Avenue und verbrachte seine Freizeit wie ich vor allem im Bleecker Street Cinema oder im Thalia, im New Yorker oder sonst einem von diesen längst verschwundenen Lichtspielhäusern in Manhattan, die alte Filme wiederholten. So wurden wir Freunde - ständig liefen wir uns in diesen Flohkinos über den Weg, und wir stellten fest, daß wir beide es für völlig normal hielten, sich vier Filme pro Tag anzuschauen.
Na, jedenfalls war Phil seit jeder wild entschlossen zu diesem Autorenfilm-Kram, während es mein großer Traum war, eines Tages mein eigenes Kino zu haben und vielleicht ab und zu in einer dieser berühmten europäischen Filmzeitschriften erwähnt zu werden, in Sight and Sound oder Cahier du Cinéma. [...] Mein alter Kinokumpel... jetzt ein Multimilliardär!

Das Hauptarchiv befindet sich in einem Lagerhaus ganz in der Nähe seiner Residenz in San Francisco, aber in jedem seiner Häuser ist ebenfalls eine Abteilung untergebracht. Ich bin Leiter des fünfköpfigen Teams, das sich um das Hauptarchiv kümmert, aber ich begleite ihn auch auf allen seinen Reisen, damit ich ihm jederzeit zur Verfügung stehe, wenn er mich braucht. [...]

Man mußte schon ein absoluter Filmfreak sein, um seinen eigenen Vollzeit-Filmarchivar zu beschäftigen... noch dazu einen, den man ständig mit sich herumschleppte, nur falls man mitten in der Nacht das Bedürfnis verspürte, einen frühen Antonioni zu sehen, oder man einfach mal eben Eisensteins Theorie der Montagetechnik diskutieren wollte, während man den Sonnenuntergang hinter den Palmen von Saffron Island beobachtete. [...]

Also erschien ich Punkt neun Uhr abends im Kinosaal, ließ mich in einem der üppig gepolsterten Ledersessel nieder und balancierte eine mit Popcorn gefüllte Schale aus Steubenkristall auf den Knien. Das Licht erlosch - und der Projektor erwachte flackernd zum Leben."
Ach ja, hatte ich das noch nicht erwähnt? Das zitierte Heimkino befindet sich natürlich auf einer Insel, in der Karibik...

Keine Kommentare: