Freitag, 12. Oktober 2007

Nackte Zahlen?

„Kino ist zu teuer“, das Argument ist in der Fachpresse und auch bei Nicht-Kinogängern als Ausrede populär. In der Motivationsstudie Kino (2005) gaben 58% aller Befragten und immer noch 42% der Nichtkinogänger an, sie würden bei sinkenden Preisen wahrscheinlich öfter ins Kino gehen. Dass dieser Effekt tatsächlich eintreten würde, und vor allem, um wie viel niedriger die Preise sein müssten, damit das geschieht, ist damit nicht gesagt.

Als Ursache für diesen Trend werden in ermüdender Einigkeit die schlechte gesamtwirtschaftliche Lage, die Konsumflaute und die „Geiz ist geil-Mentalität“ genannt. Selbst die Betreiber von Programmkinos, bei denen der durchschnittliche Eintrittspreis mit 5,90 €, wenn auch nur knapp, unter dem aller Kinos (5,96 €) liegt, sind sich darüber aber uneinig. In manchen Gegenden machen sich Arbeitslosenzahlen von bis zu 30% bemerkbar, Arthouse-Kinos in den Großstädten stellen dagegen so gut wie keine Preissensibilität bei ihren Kunden fest: 8,50 € lassen sich nur von einem wohlhabenden Großstadtpublikum ab 30 verlangen. Gerade dieses zeigt sich auch empfänglich für Wellnesskonsumgüter wie Wein, Sekt, Kaffee aus der Monstermaschine, Öko-Produkte etc.

Die Preisdiskussion führt in die falsche Richtung. Es geht nicht darum, ob Kino zu teuer ist, sondern dass die Zuschauer nicht (mehr) bereit sind, für das Kino Geld auszugeben. Im Vordergrund der Debatte stehen die Preissysteme der Multiplexe – Rabatte am Kinotag und unter der Woche, Kartenpreise von neun Euro und mehr am Wochenende, dazu überhöhte Preise für Popcorn, Cola, Eis etc. Das trifft besonders Familien hart, und der nicht zu vernachlässigende Multiplikatoreffekt bei dieser Klientel (Arbeitsplatz, Kindergarten, Spielplatz) beschädigt das Image des Kinos nachhaltig. Unsachlich an dieser Diskussion ist vor allem, dass kaum zwischen Concession- und Kartenpreisen differenziert wird und die Kinopreise meist in keinerlei Relation zu anderen Unternehmungen gesetzt werden (von „Genussdauervergleich“ war da mal die Rede – scheußlich).

Die Branchenblätter aber erreichen nicht diejenigen, die samstags mit zwei Kindern an der Popcorntheke stehen und beschließen, nächstes Mal lieber die DVD zu kaufen. Auch die wirtschaftlichen Hintergründe (Verleih, Raummieten, Modernisierungen) bleiben für den gewöhnlichen Kinobesucher im Dunkeln. Wie würde es sich auf die Preiswahrnehmung auswirken, wenn die Besucher wüssten, dass ein Arthouse- oder Programmkino statistisch nur 16 ct pro Karte verdient – vor Kapitalkosten?

Verfehlt ist unabhängig von der Höhe der Preise die Preispolitik, selbst in vielen Programmkinos. Angelehnt an die Preissysteme der Multiplexe, die in über 30 Kategorien ausdifferenziert sein können, wird munter auseinandersortiert nach Parkett/Loge, Wochentag und Uhrzeit, eventuell auch nach Sälen, es gibt Ermäßigungen an Kinotagen, für Kinder, deren Eltern, Studenten, etc. die pauschal, aber auch nach Kindern und Studenten, Uhrzeiten, Wochentagen etc. getrennt gehandhabt werden können. Hinzu kommen Überlängenzuschläge, ggf. noch nach Dauer gestaffelt. Unter dem Gesichtspunkt von Angebot und Nachfrage mag das einsichtig sein, transparent ist es nicht. Was kostet der Eintritt mittwochs, nach 14, aber vor 17 Uhr, für einen Schüler (ermäßigt) und seine Mutter (nicht ermäßigt, außer sie ist Studentin) im großen Saal, Loge, für einen Film mit 140 Minuten?

Preise sind außerdem relativ: Bei einer uns bekannten Kinobetreiberin kostete das Kinderkino vier Euro Eintritt – für Kinder wie für Eltern. Mit dem Erfolg, dass die Eltern stets nach einer Ermäßigung für die Kinder fragten. Die geschäftstüchtige Dame setzte daraufhin den Eintrittspreis für die Eltern auf fünf Euro herauf. Seit es diese „Kinderermäßigung“ gibt, bleibt die Frage aus.

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