Sonntag, 14. Oktober 2007

Zweimal hinschauen

So nach und nach nehme ich mir jetzt die Bonner Kinos vor. Gestern abend war das Kino in der Brotfabrik dran. Nach meinen Erfahrungen mit dem Rex hatte ich mir reichlich Zeit für die Anreise eingeräumt... und einen Parkplatz vor der Tür bekommen. Na gut, so war genug Zeit sich umzuschauen. Wer bei "Brotfabrik" romantisch an Zeise-Hallen oder so denkt, irrt leider. "Münchner Hallenkultur" à la Kunstpark Ost (wie heißt der jetzt? Kultfabrik?) trifft's eher. Hinterhof, Treppe - immerhin ein paar Etagen weniger als in den Hackeschen Höfen -, Foyer und Bar verströmen nicht gerade Gemütlichkeit. Auch der Kinosaal ist eher vom Pragmatismus geprägt: Schwarze Wände, Kasch, Sitze in einem verstörenden Pastellton, den ich auf einer braun-rosa-orange-Skala nicht einzuschätzen vermag. Hat mir gefallen, dass sich da mal jemand was ganz anderes ausgedacht hat. Ein Gefälle hat die Bausubstanz nicht hergegeben. Ich werd da in Zukunft trotzdem ein und aus gehen: mir drängt sich langsam der Verdacht auf, dass man vom Mangel der Beinfreiheit auf die Güte des Programms schließen kann. In der Brotfabrik sind die Reihen eng, also wird ernstzunehmendes Kino gemacht. Täglich wechselndes Programm und so.

Dementsprechend war das Publikum. Bionade nuckelnde Studenten
(früher war Avantgarde wenigstens ungesund), Kulturkonsumenten im Rentenalter, einsame Cinephile, eben alles was links von der Mitte so hergibt. Kann am Film gelegen haben: Am Ende kommen Touristen.

Am Personal des Publikums hab ich ja immer meine helle Freude. Hinter
mir saßen Leute, die sich über den Schwiegersohn unterhielten, "so ein Managertyp, der jeden Tag ein frisches Oberhemd anzieht. Die Paula bügelt ihm die alle." Vor mir eine Bildungswütige vom Typ "Kulturdragoner", und als ob sie drauf gewartet hätte, ging in den ersten Sekunden des Vorspanns noch ein Handy los. "JA SUPER! Das sind echte Cinéasten!" hat sie da gekeift. Und dann nochmal laut geräuspert, weil das ältere Ehepaar neben ihr noch schnell den Satz ausgeredet hat. Dabei trifft man in der Brotfabrik sicherlich richtige Cinéasten, wer schaut sich schon Samstags abends einen Film über Zivis in Auschwitz an? Gut, hauptsächlich zumindest. Denen hinter mir muss Loriot die Dialoge geschrieben haben.

[Einblendung auf der Leinwand: Demnächst im Original mit Untertitel]
Frau: "Demnächst mit Original mit Untertitel."
Mann: "Hmhm."
Frau: "Vielleicht zeigen die den heute abend auch im Original mit Untertiteln."
Mann: "Ach so?"
Frau: "Machen die ja viel hier. Aber ist ja ein deutscher Film."
Mann: "Ach."

Kino - dafür werden Filme gemacht.

Der Film hatte nicht die bleierne Schwere, die man vom Thema erwarten würde, Lachen war aber natürlich streng verboten, auch wenn es vielleicht ein paar Stellen gegeben hätte, die es zugelassen hätten. Ich habe mich mal aufs Lächeln beschränkt, irgendwer hatte gewiss einen Schirm dabei, den er oder sie mir im Zweifelsfall übergebraten hätte. Dabei war allein der Hauptdarsteller schon eine Albernheit. Zivis sind nunmal Milchgesichter, die besetze ich nicht mit dem dreitagebärtigen Studenten-Stereotyp.
Das Licht blieb bis zum Ende des Abspanns aus, der Kulturdragoner verließ als erste energischen Schrittes den Saal. Ja super. Das sind echte Cinéasten.

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