Samstag, 8. März 2008

Es werde Lämpchen

Da wir schon bei Kino-Ideen mit Zukunft sind: Warum nicht endlich das Verzehrkino wiederbeleben? Gemäß der Kino-Event-Kultur liegt das vergessene Konzept genau wie die Schlaghose wieder ganz klar im Trend, es wurde nur noch nicht wieder entdeckt.

Wir haben letzte Woche eines besucht, präzise: wieder besucht, in das wir uns vor bald zwei Jahren verliebt haben. Es befindet sich in Harsefeld und feiert derzeit seinen 80. Geburtstag, als Verzehrkino besteht es seit 1977. Betrieben wird es seit jeher
von der Familie Meyer-Engelmann, aktuell durch die rührige Marga Engelmann, die das Kino mit allerlei Ideen und viel Liebe zum schon nicht mehr ganz geheimen Tipp gemacht hat.

Black-Box-Puristen werden sich mit dem Erlebnis Vezehrkino anfangs schwer tun, aber es liefert
das Beste aus vielen Welten von der Hotelbar bis zum Filmtheater. Nach dem Verlöschen des Saallichts spenden die Tischlämpchen zwar noch gedämpftes Licht, aber wirklich heller als im herkömmlichen Kino ist es dadurch kaum. Die umsichtige Kinomacherin hat sich für eine etwas stärkere Projektorlampe entschieden, so dass auch das Filmbild nicht leiden muss. Der Saal zeigt eine phänomenale Mischung aus einem Kinozweckbau der ausgehenden Zwanziger verbunden mit loungeartigem Siebziger-Chic - nicht zu fassen, aber es harmoniert.

Das Highlight sind natürlich die Knöpfchen, mittels derer man den dienstbaren Geist rufen kann, der einem - während der Vorstellung! - Snacks und Getränke bringt. Nichts mehr mit "Mist, ich habe Durst, aber der Film beginnt" oder "Papi, ich möchte doch noch ein Eis", Flaschenbier oder umgestoßenen Weingläsern auf dem Boden. Hier wird frisch gezapft, und es reichlich Abstellfläche vorhanden, alles in Griff- und Sichtweite zu parken. Eine Reise um Welt, ohne den bequemen Sessel zu verlassen, Service am Platz - paradiesisch.

Wem das noch nicht genügt, der kann auch das Curry- oder Schnitzelticket in Asnpruch nehmen, gegessen wird allerdings vor oder nach der Vorstellung in der angrenzenden Gaststätte. Die komplette Abendgestaltung aus einer Hand und zu einem Preis, das findet besonders bei Familien Anklang: um fünf die wilden Kerle sehen, anschließend steht die heiße Currywurst schon bereit, und die Kids sind pünktlich um halb neun in der Kiste.

Nun hat Frau Engelmann nicht nur ein Kino und eine Gaststätte, sie betreibt im selben Gebäude auch noch ein Hotel. Da bekommt Puschenkino eine ganz neue Dimension! Wir haben es ausprobiert, in 24 Stunden haben wir dort nichts anderes getan als ins Kino zu gehen, zu essen und wenn es gar nicht anders ging zu schlafen. Langweilig wird das erst, wenn sich die Filme wiederholen oder man mit der Speisekarte durch ist. Also ein paar Tage hält man das locker durch. Die Übergänge zwischen den Räumen sind dabei fließend: Auch Gaststätte und Hotel sind vom Kino-Virus infiziert und mit Filmstills, Spulen, Projektoren, Filmstreifen und Kinosesseln dekoriert.

Wir denken schon weiter: wenn nun die Tische im Kino rund wären, so dass man sich vor und nach der Vorstellung unterhalten könnte und dann auch dort das Essen serviert würde - dann müsste man das Kino ja gar nicht mehr verlassen...?

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