Sonntag, 16. März 2008

Schall und Rauch und auf und zu

Kinonamen - wenn es nicht das gänzlich uninspirierte, aber klangvolle "Cinema" ist, dann stehen die Chancen gut, dass sich jemand für "Rex", "Roxy" (nach dem einstmals größten Kino der Welt, dem New Yorker Roxy mit unglaublichen 6000 Plätzen), "Metropolis", "Gloria" oder "Scala" entschieden hat. Die Namen künden davon, dass es meist ein paar Jährchen her ist.

Gerne wird auch in die Malereikiste gegriffen (Atelier, Palette, Studio), auf den Projektorstrahl oder den Projektor selbst verwiesen (Lichtspiele, Lichtburg, Lichtblick, Lux, Kurbel, Kurbelkiste). Lichtspiele verbirgt sich auch hinter den Balis, Holis, Kolis etc. dieser Republik (Bahnhofs-Lichtspiele, Hochhaus-Lichtspiele,...).

Populär ist (oder war) auch alles was groß klingt: "Capitol" oder irgendwas mit "Palast". Stets fein mit "C", wie die Zigarettenindustrie, wenn sie von ihren Genussprodukten spricht. So auch im eher befremdlichen "Camera". Verwechselt der Kinoname Camera nur das vorne und hinten der Produktionskette oder verweist er auf die Black Box Kino, die wie das Abbild der Camera obscura wirkt? (Ein dunkler Kasten, ein Loch, ein Lichtstrahl, ein Abbild von etwas)

Anlässlich eines Ausflugs nach Maastricht stolperten wir über das dort ansässige "Pathé Biscop". Wer dabei nun auf ein erhaltenes historisches Ladenkino oder ähnliches hofft, liegt falsch. Es handelt sich schlicht um ein Multiplex der Pathé-Kette. Dass mit den Begriffen Pathé und Biscop zusammenwächst, was nicht zusammengehört - die Gebrüder Pathé vertrieben den Kinematogrpahen der Lumières, während Bioskop der Name des wenig erfolgreichen Skladanowsky-Konkurrenzprodukts war - liegt am niederländischen Sprachgebrauch: Bioscop heißt dort schlicht "Kino".

Ein Kino mit einem besonders hübschen Namen - "Fama" - wurde jüngst in Hamburg wiedereröffnet. Der tiefere Sinn des Wortes liegt nicht in seiner Übersetzung (Gerücht, Ruf) sondern in den Anfangsbuchstaben der Vornamen der Gründerfamilie. Betrieben wird es seit der Wiedereröffnung und auch davor schon von 1992 bis zur Pause von Hans-Peter Jansen, einem Anhänger des Stadtteilkinos - deswegen hat er auch gleich ein paar davon, darunter die Koralle in Hamburg, über die er uns bei einem Besuch erzählte:

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Ich finde Stadtteilkinos sehr wichtig, denn sie sind ein sozialer Ort für die Bürger. Damals hat sich ein Verein gegründet, der Geld sammelte für ein neues Kino. Es haben alle mitgemacht: Die Kirche, der Sportverein, das Gymnasium. Die haben sich dann auch überlegt, wie das Kino aussehen soll, ob es Popcorn geben soll, wie das Programm sein soll. Ich habe gesagt, ich will in keinen Neubau, die sollen mir ein Gebäude mit Geschichte suchen. Ja, und da sind wir auf das hier gekommen. Das war eigentlich mehr eine Rumpelkammer für einen industriellen Betrieb. Ich bin dann mit dem Architekten hier rein, um zu schauen, was man daraus machen kann. Mir waren zwei Säle wichtig, außerdem wollte ich ein Restaurant und einen Life-Jazz-Club. All das ist jetzt hier drin. Die Leute wollen das Kino hauptsächlich für ihre Kinder."

Ähnlich lief es auch mit dem Fama, berichtet das Filmecho: Jansen schloss das Kino vorübergehend, weil es immer weniger lief. Erst mit der Schließung merkten die Bürger, was sie an ihrem Kino hatten und gründeten einen Förderverein.

Ob dem Hamburger Grindel ebensoviel Glück beschert sein wird? Auch hier kämpfen Enthusiasten um den Erhalt des Kinos: http://rettet-das-grindel.de/
. Ebenfalls nicht gut bestellt ist es nach Branchenberichten um die Ingolstädter Altstadtkinos. Doch wo Schatten ist, ist auch Licht: im bayerischen Neufahrn hat ein Cineplex neueröffnet. Wir wünschen gut Licht, gut Ton und volle Kassen.

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