Donnerstag, 3. Januar 2008

Hummeln im Hintern

UCI hat gut versteckt auf seiner Homepage eine interessante Begründung veröffentlicht, warum Filme ab 140 Minuten grundsätzlich mit Pause gezeigt werden: nicht damit man zwischendrin noch ein bisschen Eis und Cola verkaufen kann, sondern weil
"eine Wandlung im Sehverhalten des durchschnittlichen Kinobesuchers stattgefunden hat - möglicherweise zurückzuführen auf den DVD-Boom oder die Werbemarathons im Privatfernsehen."
Nach Mutmaßung von UCI liegt es an diesen Unsitten, dass sich ab einer Filmlänge von 130 Minuten die Beschwerden über Kunden häufen, die "mitten im Film den Saal verließen, um zu rauchen, die Toilette aufzusuchen o.ä."

Da kann man nun einiges dazu sagen. Erstmal: geschickt, geschickt. Mit so einer Erklärung wendet man den Verdacht ab, es könnte doch um die Extraportion Popcorn gehen, wobei ich nach meinen letzten Erfahrungen mit Großkinos geneigt bin, UCI sogar Glauben zu schenken. Aber wäre interessant, wenn die Multiplex-Insider unter uns zu dem Thema mal auspacken könnten.

Auch raffiniert: der Seitenhieb auf DVD und Fernsehen, die die Manieren verdorben haben sollen.

Aber dann woll'n wir doch mal den Haken an der Sache suchen. Könnten die eigentlichen Unsitten Nikotinsucht, Kinowerbung und gähnend langweilige Filme sein? Zum Rauchen kann ich nicht viel sagen, aber nach meiner Erfahrung kommen die meisten Raucher auch mal zwei, drei Stunden ohne aus. Wer trotzdem geht, ist entweder ein Banause, oder ihm ist langweilig. Da dürfte das Fernsehen keine Schuld dran haben. Dann: dank fetter Werbeblöcke vorher statt zwischendrin (sozusagen auf Vorrat) werden aus 130 Minuten im dümmsten Fall auch mal 160 aufwärts.

Und warum eigentlich kommt ein Standard-Hollywood-Film, einstmals auf 90 Minuten normiert, heute selten mit weniger als 120-140 Minuten aus - ohne mehr Inhalt zu haben? Die Filme sind einfach zu lang, weil ein paar Wichtigtuer das Schneiden verlernt haben. Was wären die Filme manchmal knackig, wenn man das Bonusmaterial wirklich auf die DVD packen würde, und nicht gleich im Film lassen.

UCI reagiert natürlich richtig, wenn man einen Mörderwerbeblock von 45 Minuten als ökonomisch unausweichlich ansieht (kleiner Tipp: inzwischen noch eine rauchen gehen) und wir nicht zu den Zeiten zurückkehren wollen, in denen die Kinobetreiber den final cut übernommen haben. Ist technisch eh ein bisschen schwierig geworden, obwohl das natürlich eine geniale Methode wäre, den Markt wieder ein bisschen auszudifferenzieren...

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