Ich war gestern abend im Kino. Für jemanden, der üblicherweise einmal die Woche geht, nicht gerade eine Sensation – diesmal schon. Immerhin habe ich seit Wochen nicht die Zeit dafür gehabt, und dann war es auch noch ein neues Kino: das Rex in Bonn. Gesehen habe ich Saint Jacques – Pilgern auf französisch, und das passte ganz gut, allein schon, weil der Film beim SchwarzWeiss-Verleih hier aus Bonn ist. Lieber hätte ich Leroy gesehen, aber der lief nur in einem Multiplex in Bad Godesberg, und da hatte ich für den ersten Kinobesuch in Bonn dann keine Lust drauf. War aber gut so. Nur OmU wär noch schöner gewesen.
Mein Jakobsweg begann etwa dreihundert Meter vor dem Rex. Weil ich auf einem Berg (präzise: Hügel, nennt sich aber Berg, den Namen des Bergs wiederum nenne ich nicht, würden Sie eh nicht glauben) wohne, auf den zu später Stunde nur noch sporadisch Busse aus einer Gegend fahren, die die Bonner euphemistisch als Innenstadt bezeichnen (pardon, aber so muss es einem vorkommen, der sich die letzten Jahre vorrangig per U-Bahn fortbewegt hat), entschied ich mich für die einzige Alternative: das Auto. Leider erwies sich die Parkplatzinfrastruktur ähnlich schwachbrüstig wie die Regelmäßigkeit der Buslinie. Eine geschlagene halbe Stunde bin ich da rumgegurkt! bis ich einen Parkplatz fand, etwa 700 Meter entfernt, da war es etwa neun Minuten vor Filmbeginn. Der Weg ließ mir zumindest genug Zeit zu überlegen, wie vorzugehen sei, wenn ich den Filmbeginn verpassen würde. Zu spät in den Saal schleichen und den erstbesten Platz am Rand nehmen? Nah.
Und dann das Unfassbare: Ich komme am Rex an, und alles ist voller Menschen. Die standen von der Kasse bis auf die Straße, Kopf an Kopf! Hundert Leute oder so, und die wollten alle ins Kino. Und hinter mir kamen immer noch mehr. Alte, junge, Spießer, Hippies – ich war so perplex, dass ich nicht mal dran dachte, ein Foto zu machen. Da hab ich dann wieder schwer überlegt. Mit der vorletzten Karte in den Saal schieben und den letztbesten Platz am Rand nehmen? Ausnahmsweise.
Und es wurde immer besser. Samstag abend für fünf Euro ins Kino (mit Gildepass, logo), wo gibt’s das noch? Der Rang war zwar voll, aber das festigte immerhin die wenig bahnbrechende Erkenntnis, dass es hinten-oben-Sitzer überall gibt. Das Kino war zu etwa 80% gefüllt (4. Woche!), aber im Parkett, fünfte Reihe Mitte, gab’s noch einen sehr schönen Platz mit angenehmem Winkel zum Aufblicken. Perfekt.
Liebe Leute vom Rex, ihr braucht dringend neue Fotos für eure Homepage. Ich hatte mit so etwa 80-100 Plätzen gerechnet. Weit gefehlt, das Kino ist richtig groß, und schön alt. Ich war so mit umgucken beschäftigt, dass ich den Trailer der Bürgerinitiative fürs Metropol nur am Rande mitgekriegt hab. Kam aber gut an. Im Gegensatz zum Trailer für einen dieser neuen deutschen Problemfilme, die so grau und kalt sind. „November ist nahe“, tönte es da aus dem Publikum, und in nullkommanix war Riesenstimmung, weil keiner Lust hatte, sich von der Berliner Schule den Samstagabend verderben zu lassen.
Das ging dann so weiter, dreimal Szenenapplaus hab ich gezählt, und das Lachen war nicht verhalten. Die waren sogar so amüsierwütig, dass sie sogar da lachten, wo dann eigentlich auch wieder gut war. Aber war ja schließlich auch ein Film, nicht das echte Leben. Bloß Ketchup, hätten meine Eltern früher gesagt. Jedenfalls war’s so, wie Kino sein muss, und das war toll nach der langen Zeit ohne.
Hinterher haben sich dann die Leute zerstreut, ein paar ins Irish Pub nebenan (Notiz für mich: nächstes Mal Bus fahren), ein paar blieben zum Rauchen noch stehen, ein paar drückten sich an der Bushaltestelle zusammen. Das Gemeinschaftsgefühl wirkte noch ein bisschen nach, irgendwer spannte einen Schirm auf, die übrigen taten es nach... eigentlich regnete es gar nicht richtig.
Meine Meinung von Bonn ist nicht die höchste – wenn auch noch nicht gefestigt –, aber vom Bonner Kinopublikum bin ich bis jetzt schon mal schwer begeistert. Mit denen macht das richtig Spaß.